Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 120. Sitzung / Seite 37

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am System liegen. Das muss daran liegen, wie es in den Schulen bis zum Alter von 15 oder 16 Jahren zugeht.

Damit möchte ich in keiner Weise – das möchte ich ausdrücklich betonen – die Leh­rerinnen und Lehrer angreifen. Ganz im Gegenteil, die sind die Ersten, die das Problem spüren, die sind die Ersten, die überfordert sind von der Situation in den Klassen, die überbelegt sind. Die Schülerzahlen in den Klassen – ich komme auch noch darauf zurück – gehen hinauf statt hinunter. Die Verhaltensauffälligkeiten in der Schule neh­men nicht zuletzt auch auf Grund dieses Umstandes zu. Überall wird gekürzt, bei den Förderstunden, den Legastheniestunden und den Integrationsstunden. Überall wird von dieser Bundesregierung gekürzt.

Meine Damen und Herren! So werden wir eine umfassende, eine stringente, eine nach­vollziehbare Wachstumsstrategie, auch in wirtschaftlicher Hinsicht, für das Land Österreich nicht erreichen. (Beifall bei den Grünen.)

Bildungspolitik ist inzwischen mit der Wirtschafts- und der Wachstumspolitik untrenn­bar verknüpft. Und abgesehen von der sozialen Frage, was wir mit diesem Fünftel von Schülerinnen und Schülern in diesem Problemkreis machen – das ist eine wichtige soziale Frage, wenn nicht überhaupt eine der wichtigsten, denn diese dürfen nicht fallen gelassen werden –, kann es sich Österreich auf die Dauer auch wirtschaftlich nicht leisten, auf dieses Fünftel von hoffnungsvollen jungen Leuten zu verzichten. Es ist also nicht nur im Interesse der Kinder und auch nicht nur im Interesse der Eltern, dass wir uns um diese Frage kümmern, denn das ist einfach wichtig.

Die gegenwärtige Politik der Bundesregierung scheint darauf hinauszulaufen, das Problem auf die Eltern, auf die Privatebene der Eltern zu verlagern. Anders ist es ja nicht zu erklären, dass die private Nachhilfe für Schüler in den verschiedensten Schulstufen zunimmt und sich mittlerweile – nach groben Schätzungen; klarerweise ist das von der Statistik nirgends erfasst – in einer Größenordnung von 150 Millionen € pro Jahr bewegt. Das ist ja nicht nichts. Das ist eine Privatisierung des Schulrisikos auf Kosten der Eltern. Das wird es wohl auf die Dauer nicht sein können. (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Ich weiß, worauf Frau Ministerin Gehrer hinweisen wird: Sie wird das Gleiche tun wie Herr Finanzminister Grasser im Laufe des vergangenen Jahres, nämlich auf die sinkenden Zahlen der Schülerinnen und Schüler in Österreich verweisen. Das stimmt, und ich werde auf die Konsequenzen gleich zurückkommen. Die Bundesregierung geht folgendermaßen vor – und das betrifft ÖVP, BZÖ und Freiheitliche gleich –: hier Rückgang der Schülerzahlen – da Kürzung des Budgets, Kürzung der Dienstposten für Lehrer und Lehrerinnen, also eine passive Anpassung an diese Entwicklung.

Wenn Österreich Finnland wäre, wenn wir der Klassensieger wären bei diesen Tests, dann würde ich sagen: Das ist ungefähr vertretbar. (Abg. Scheibner: Das würden Sie sicher nicht sagen!) Aber wir befinden uns im unteren Drittel und sagen: Es ist eh alles in Ordnung! – Die Realität sieht anders aus, wie auch alle Insider wissen – reden Sie einmal mit den Lehrerinnen und Lehrern, Herr Kollege Scheibner –, und angesichts dieser Tatsache wird angepasst!

Wissen Sie, was ich entdeckt habe? – Es gibt die Zeitschrift „APS“, herausgegeben von der Bundessektion der Pflichtschullehrer in der Gewerkschaft öffentlicher Dienst. Ich habe hier die Ausgabe September 2005. – Herr Kollege Neugebauer ist hier. Sie ist von einem Ihrer Parteifreunde, so nehme ich an, ich weiß es nicht, von Herrn Helmut Ertl, Vorsitzender-Stellvertreter, Gewerkschafter. Sie, Herr Neugebauer, werden aus­drücklich in einem Artikel zitiert. Dieser Artikel nimmt – sehr lobenswert –auf die Not­wendigkeit der Senkung der Zahl der Schülerinnen und Schüler pro Klasse Bezug, weil


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