Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 122. Sitzung / Seite 163

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Jetzt verstehe ich, dass Ihnen das nicht wirklich passt. Ich möchte daher ergänzend und um Verständnis werbend ausführen, dass man als Bundesminister für Finanzen ein mit Aufgaben der Bundesverwaltung betrautes Organ ist, im Sinne des Artikels 20 Abs. 3 der Bundesverfassung, wie Sie wissen, und dass ich daher auf der einen Seite allgemein die Amtsverschwiegenheit beziehungsweise eben in abgabenbehördlicher Funktion auch noch entsprechend die Bestimmungen des § 48a der Bundesabgaben­ordnung in Verbindung mit § 74 Z. 4 Strafgesetzbuch die abgabenrechtliche Geheim­haltungspflicht zu beachten habe und dass die Verletzung dieser Geheimhaltungs­pflichten gemäß § 251 Finanzstrafgesetz und § 310 Strafgesetzbuch strafbar wäre, und zwar deswegen, weil jegliche Stellungnahme meinerseits hinsichtlich der getroffenen Maßnahmen, die Sie hinterfragt haben, oder auch der nicht getroffenen Maßnahmen indirekt oder direkt Aufschlüsse über das abgabenrechtliche Wohlverhalten oder das Fehlverhalten von Abgabenpflichtigen geben könnte und damit das überwiegende schutzwürdige Interesse der Abgabenpflichtigen verletzt würde.

Das heißt, ich gestehe zu, es gibt hier offensichtlich einen gewissen Interessenkonflikt, was einerseits das Recht des Parlaments auf Verlangen aller einschlägigen Auskünfte und andererseits den ebenfalls in der Verfassung festgelegten Grundrechtsanspruch auf Datenschutz beziehungsweise Amtsverschwiegenheit und die dazugehörige Ver­schwiegenheitsverpflichtung betrifft. Das ist ein Spannungsfeld, das man im Einzelfall zu berücksichtigen hat und das man entsprechend beurteilen muss.

Mir wurde von Seiten von Verfassungsjuristen gesagt, es gibt nach herrschender Aus­legung keinen absoluten Vorrang der einen oder der anderen Norm, sondern man hat im konkreten Einzelfall zu prüfen, ob durch die Beantwortung unter Einräumung eines Vorranges zugunsten des Interpellationsrechts die Grenze zulässiger Grundrechtsein­griffe verletzt würde.

Ich kann Ihnen nur sagen, ich bekenne mich absolut und uneingeschränkt zur Bedeu­tung des demokratischen Instrumentes der Interpellation. Allerdings ist mir die Achtung der schutzwürdigen Interessen an einer Geheimhaltung ein ebenso wichtiges Anliegen. Im konkreten Fall konnte ich daher die Fragen, die Sie mir gestellt haben, nicht beant­worten, weil ich damit nach Einschätzung meiner Experten gegen § 48a der Bundes­abgabenordnung verstoßen hätte. (Abg. Öllinger: Das ist kein Verfassungsrecht!)

Damit Sie sehen, dass nicht nur in dieser Frage so geantwortet wurde, darf ich zum Beispiel an meine Beantwortung vom 12. August 2003 erinnern. Damals wurde der Verdacht geäußert, dass es steuerrechtliche Malversationen im Bereich des Österrei­chischen Gewerkschaftsbundes gäbe, beziehungsweise war Präsident Verzetnitsch in dieser Anfrage direkt angesprochen. Ich habe damals – es war auch unwidersprochen von der sozialdemokratischen Fraktion – genauso geantwortet, nämlich dass ich hin­sichtlich detaillierter Auskunftswünsche zur Person des Präsidenten des Österreichi­schen Gewerkschaftsbundes keine Detailauskünfte geben kann, und zwar unter Hin­weis auf das schutzwürdige Interesse und die Geheimhaltungspflichten.

Ich habe mich bemüht, ein bisschen nachzublättern, welche Praxis es da gegeben hat, und ich darf Ihnen ein weiteres Beispiel geben, das gut zeigt, es kommt offensichtlich darauf an, auf welcher Seite man sitzt, ob man gerade in der Regierung oder in Oppo­sition ist. Es hat Bundesminister außer Dienst Edlinger eine am 27. Mai 1999 einge­langte parlamentarische Anfrage des Abgeordneten Scheibner beantwortet, der Titel war „Auskunftsverweigerung durch den Bundesminister für Finanzen“.

Der Vorwurf der Freiheitlichen damals war, dass der Bundesminister offensichtlich keine Auskünfte gibt, diese somit verweigert. Edlinger hat geantwortet, dass „eine seit langem und allgemein geübte Rechtsauffassung zugrunde“ liegt, die er dann auf vielen Seiten ausführt. – Ich kann das gerne tun, wenn Sie wollen, und ihn zitieren. Ich denke,


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