Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 124. Sitzung / Seite 35

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Ausführungen einzugehen, er hat es selbst zusammengefasst: Die Zeit geht zu Ende! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Grillitsch: Für Sie geht sie zu Ende, die politische Arbeit!)

Erkennbar, Herr Kollege Grillitsch, ist das auch an der gestrigen Nervosität des Herrn Bundeskanzlers. Schade, dass er die Gelegenheit heute nicht genutzt hat, sich einmal für Worte wie „Wahnsinnsidee“ und andere Dinge zu entschuldigen. Das würde zeigen, dass er Anstand und Moral hat. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Aber, meine Damen und Herren von der ÖVP, Sie müssen die Aufregung des Herrn Bundeskanzlers nicht kopieren: Es wird nicht besser, weder diesen Sonntag noch übernächsten Sonntag noch am 23. Oktober noch nächstes Jahr. Davon wird es nicht besser!

Heute aber ist Europa Gegenstand unserer Diskussion. Und es gibt etwas, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, zu dem auch Sie sich bekennen sollten, nämlich: Ein Erfolgsmodell war Europa schon ab dem Ende des Zweiten Welt­krieges, aber dieses Erfolgsmodell gründete auf mehreren Säulen. Eine davon war – und ich darf an dieser Stelle etwa Ludwig Erhard nennen, das wäre doch auch für Sie eine Gelegenheit zum Applaus; er hat nämlich das deutsche Wirtschaftswunder aufgebaut, und zwar auf etwas, das in unserem Land ebenfalls und gerade von der ÖVP als soziale Marktwirtschaft besonders gelobt wurde –: das rheinische Modell des Kapitalismus. Das war ein Erfolgsmodell.

Der zweite Teil des Erfolgsmodells Europa war der europäische Sozial- und Wohl­fahrtsstaat – und dafür steht die europäische Sozialdemokratie, nicht nur im „roten Wien“, wie schon vorher gezeigt, sondern in vielen Ländern. Er reicht vom Wohn- und Schulbau bis zur Gesundheit, all das, was rundherum ein Gesamtsystem war. Darin hatten die Menschen jedes Jahr das Gefühl, dass sie am Wirtschaftswachstum teilhaben, dass sie ein besseres Leben haben.

Und dazu sollten wir stehen, denn dieses Modell war eines der erfolgreichsten in der Geschichte der Wirtschaft! Damals war die Arbeitslosigkeit kein Problem.

Seit wann ist sie das? – Seit Frau Maggie Thatcher England in einen Zustand gebracht hat, dass man dort nicht einmal mehr mit der Eisenbahn fahren konnte, dass man auf einen Herzschrittmacher vier Jahre gewartet hat. Dieser Neoliberalismus, der damals auf unserem Kontinent Einzug gehalten hat, hat uns das beschert, was wir heute als Krise Europas erleben.

Und dann gab es hier einen Wolfgang Schüssel, der mit dem Slogan „Mehr privat, weniger Staat“ angetreten ist. Was ist das Ergebnis für die Leute? (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Deregulierung und Privatisierung! (Ruf bei der ÖVP: Das Ergebnis sind bessere ...!)

Die Damen und Herren, die uns heute zuschauen, spüren es im eigenen Geldtascherl. Es wird alles teurer (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Sagen Sie das der Gitti Ederer! Wer hat denn das gemacht?), es gibt eine schlechtere Versorgung, die KMUs sterben uns weg, nämlich die Handwerksbetriebe, die Handelsbetriebe. (Rufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen: Ederer!) Wir haben eine Situation in Europa, in der wir aus der Geißel der Arbeitslosigkeit nicht herauskommen. Und dann kommt die ÖVP fünf Minuten vor Schluss, weil es nächstes Jahr Wahlen gibt, und glaubt, halt einfach nur das Gegenteil ihrer bisherigen Politik machen zu müssen.

Sie von den Regierungsparteien haben die neoliberale Politik in dieses Land geführt. Sie haben alles verscherbelt, was es gibt. Sie haben dafür gesorgt, dass wir die höchste Teuerung haben. Sie haben für eine Rekordarbeitslosigkeit gesorgt. Und wir haben eine Pleitenhöchstwelle. Das ist die Bilanz dieser Regierung Schüssel! (Beifall bei der SPÖ.)

 


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