Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 124. Sitzung / Seite 37

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Besonders dramatisch entwickelt sich die Jugendarbeitslosigkeit (Altergruppe 15-24 Jahre). Sie stieg im Jahresabstand um 4.700 auf 51.121. Gegenüber dem Juli 2000 hat sich die Jugendarbeitslosigkeit beinahe verdoppelt, sie stieg um 23.773, das sind 87 Prozent.

Arbeitslosigkeit wird von dieser Regierung wie eine Naturkatastrophe behandelt. Als etwas, worauf nationale Politik keinen Einfluss hat, wogegen man nichts machen kann. Zwar ist die internationale Konjunkturentwicklung wichtig, wie weit man von dieser positiv oder negativ abweicht ist aber Resultat der nationalen Politik. Während Öster­reich früher durch aktive Wirtschafts- und Sozialpolitik die Folgen internationaler Wirtschaftskrisen weitgehend abwehren konnte, werden diese negativen Einflüsse durch die Untätigkeit der Regierung Schüssel sogar verstärkt. Der prozentuelle Anstieg der österreichischen Arbeitslosigkeit in den vergangenen fünf Jahren ist einer der höchsten in der gesamten EU, höher als in Deutschland, das von der Regierung gerne als Negativbeispiel angeführt wird. Dass die Arbeitslosigkeit in Österreich in absoluten Zahlen noch relativ niedrig ist, hat ausschließlich mit der günstigen Ausgangslage zu tun, von der aus die Regierung Schüssel im Jahr 2000 starten konnte.

Die Arbeitslosigkeit ist in Österreich in den vergangenen vier Jahren viermal so stark gestiegen wie im Durchschnitt der EU-15, die den gleichen internationalen konjunk­turellen Bedingungen ausgesetzt sind. Vom Anstieg der Arbeitslosenzahlen im Zeitraum 2000-2004 um 63.626 sind drei Viertel, das sind 48.000, hausgemacht.

Anstieg der Arbeitslosigkeit in Österreich, 2000-2004: 21,6 Prozent

Anstieg der Arbeitslosigkeit in den EU-15, 2000-2004: 5,3 Prozent

Die volkswirtschaftlichen Kosten dieser hausgemachten Arbeitslosigkeit liegen bei zwei Milliarden Euro pro Jahr. Eine Berechnung der AK Wien schlüsselt die volkswirt­schaftlichen Kosten von Arbeitslosigkeit auf (pro Arbeitslosen und Jahr):

Für die öffentliche Hand: 29.000 € (18.700 € weniger an Steuern und Abgaben, Unter­stützungsleistungen etwa 7.000 €, Verwaltung etwa 1.200 €, aktive Arbeitsmarktpolitik etwa 2.100 €)

Für die betroffenen Arbeitslosen: 8.500 € (Verlust durchschnittliches Nettoeinkommen 15.500 €; durchschnittliche Unterstützung 7.000 €)

Für die Unternehmen: 5.500 € (weniger Absatz, weniger Produktion)

Es gibt eine Reihe von Maßnahmen, mit denen die konjunkturelle Entwicklung belebt und die Arbeitslosigkeit verringert werden könnte. Mit dem Volumen der Steuerreform hätte die Regierung (anstatt die Großkonzerne zu begünstigen) die kleinen und mitt­leren Einkommen bereits 2004 um zwei Milliarden Euro entlasten und eine weitere Milliarde Euro für Infrastruktur- und Zukunftsinvestitionen verwenden können. Damit hätten 30.000 zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen und ein zusätzliches BIP-Wachs­tum von 1,5 Prozent bewirkt werden können.

Durch mehr Mittel für aktive Arbeitsmarktpolitik könnten bessere und arbeitsmarkt­adäquatere Schulungen von Arbeitssuchenden finanziert werden. Stattdessen kürzte die Regierung die aktive Arbeitsmarktförderung 2004 um 47,2 Millionen Euro. Öster­reich wendet für aktive Arbeitsmarktpolitik je Prozentpunkt Arbeitslosenrate nur 0,13 Prozent des BIP auf. Damit sind wir Schlusslicht bei den EU-15. Zum Vergleich: Die Niederlande wenden je Prozentpunkt Arbeitslosenrate 0,69 Prozent des BIP auf, Dänemark 0,36 Prozent, Schweden 0,29 Prozent und Portugal 0,15 Prozent.

Anstatt sinnvolle beschäftigungspolitische Maßnahmen zu setzen ergeht sich diese Regierung in Inszenierungen und leeren Worten. Ein Gipfel nach dem anderen wird einberufen, am negativen Trend ändert sich allerdings nichts.

 


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