Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 124. Sitzung / Seite 53

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Weg. Sie meinen, das sei viel zu kompliziert, und sagen: Warum sollen wir uns damit beschäftigen, wie die Rechtsvorschriften Litauens zu den Rechtsvorschriften Öster­reichs passen? Warum sollen wir uns damit beschäftigen, wie die Rechtsvorschriften der Slowakei mit den Rechtsvorschriften Finnlands zusammenpassen? Wir machen einen neuen Vorschlag: das Herkunftslandprinzip!

Es wäre ja ganz spannend, würde sich die österreichische Bundesregierung der Auf­gabe unterziehen, den Fernsehspot betreffend den Friseurladen einmal mit dieser Dienstleistungsrichtlinie in Verbindung zu bringen. Es würde dann die Friseurin wahr­scheinlich nicht mehr darüber reden, wie der Wohlstand weiter wächst, sondern sie würde sagen: Moment, es geht auch um meinen Arbeitsplatz! (Abg. Öllinger: Die hört sofort mit dem Haarschneiden auf!) Warum kann dann jemand unter unfairen Wett­bewerbsbedingungen aus anderen EU-Ländern hier in Österreich ohne Rücksicht auf meine eigene Lebenssituation Arbeit ergreifen? – Das wäre ein spannender Fernseh­spot, und so würde die Bundesregierung Europa den Bürgerinnen und Bürgern näher bringen mit einer Lebenssituation, die man begreifen kann, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Das Herkunftslandprinzip bedeutet ja keine Harmonisierung – diese sei zu kompliziert, stellt ja die Europäische Union fest. Es geht nicht darum, unsere Rechtsnormen auf­recht­zuerhalten, die Umweltstandards, die arbeits-, die lohnrechtlichen Vorschriften, zum Beispiel auch die Frage der Mitbestimmung ernst zu nehmen, es geht auch nicht darum, die Frage der öffentlichen Dienste entsprechend zu berücksichtigen, sondern es geht darum, dass künftig zwar Dienstleistungsfreiheit besteht, aber nach 25 unter­schiedlichen Regelungen.

Viele rufen dann gleich: Herr Präsident, keine Aufregung, es gibt ja die Entsender­ichtlinie! – Wird die Entsenderichtlinie diesen Anforderungen gerecht? Steht da tat­sächlich – wieder ein neuer Fachbegriff – drinnen, dass österreichisches Arbeitsrecht in Österreich bei allen Beschäftigungen anzuwenden ist? – Dem ist nicht so, denn die Entsenderichtlinie hebt nicht unzulässige Vertragsklauseln, wie wir sie erleben, auf. Es sei nur ein Beispiel genannt: KIAB, die schnelle Eingreiftruppe, die dafür sorgt, dass nicht illegal beschäftigt wird, dass nicht Sozialdumping stattfindet. Die Richtlinie regelt nicht den Schadenersatz, sie regelt nicht die Fragen der Versetzung, sie regelt nicht die Frage der Entgeltfortzahlung, des Kündigungsschutzes oder aber auch die Entlas­sungsgründe.

Uns geht es darum, dass freie Dienstleistung zu fairen Wettbewerbsbedingungen statt­finden muss – daher eine klare Ablehnung des Herkunftslandprinzips. Da ist der „Elchtest“ gefordert: Wie werden die österreichischen EU-Abgeordneten stimmen? Wie wird die österreichische Bundesregierung stimmen? Die Abstimmungen sind im Oktober in allen Organen entsprechend durchzuführen.

Uns geht es darum, dass die Dienstleistungsrichtlinie zu keinem Sozialdumping und keiner Regulierung nach unten führt. Daher die ganz konkrete Frage an den Bundes­minister, an den Herrn Bundeskanzler, denn sie sitzen ja dann in den Gremien, die darüber zu entscheiden haben.

Schauen wir uns doch Artikel 25 der Dienstleistungsrichtlinie einmal genauer an! Das Land, zum Beispiel Österreich, darf vom Dienstleister, aber auch von den Arbeit­neh­mern, die dort beschäftigt sind, nicht verlangen, dass diese eine Einreise-, eine Aus­reiseerlaubnis, einen Aufenthaltstitel, eine Arbeitserlaubnis vorlegen.

Ich schaue mir dann schon an, wie die österreichische Bundesregierung zum Beispiel die italienische Regierung auffordert: Bitte, teilt uns mit, ob ...! – Könnte dann so ein Fall, wie er in Linz passiert ist, wo koreanische Arbeiter mit weniger als 2 € pro Stunde beschäftigt wurden, überhaupt verfolgt werden? Es gelten dann nämlich nicht die


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