Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 124. Sitzung / Seite 71

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schutzinteressen bei dieser Gelegenheit völlig unter die Räder kommen. Und das droht – noch ist es nicht entschieden, aber das droht – mit der Dienstleistungsrichtlinie.

Es ist mehrfach das so genannte Herkunftslandprinzip angesprochen worden, und ich möchte schon darauf eingehen, Herr Minister Bartenstein, dass Sie gesagt haben, es gibt ja den Kollektivvertrag. Auch Bundeskanzler Schüssel hat voriges Jahr in Alpbach schon gesagt, es gelten natürlich österreichische Gesetze. Wenn diese Dienstleis­tungsrichtlinie so, wie sie jetzt in Diskussion ist, also mit dem Herkunftslandprinzip, in Kraft tritt, ändert das zwar nichts an unseren Kollektivverträgen – richtig! –, es ändert aber sehr wohl etwas daran, wer neben den Kollektivverträgen mit völlig anderen Löh­nen hier in Österreich agieren kann. Und wenn ein anderer Betrieb in Österreich mit völlig ... (Bundesminister Dr. Bartenstein: Nein, nein, Frau Sburny, es gilt ja die Entsenderichtlinie!)

Die Entsenderichtlinie bezieht sich nur auf einen Teil. Sie hat zeitliche Rahmen­bedingungen, sie hat völlig klare Rahmenbedingungen, unter denen das stattfinden kann. Die Dienstleistungsrichtlinie macht es erstmals möglich, dass Betriebe in Öster­reich zu Dumpingpreisen anbieten können, dass sie ihre Beschäftigten zu Bedin­gungen anstellen können, die dem österreichischen Arbeitsrecht nicht entsprechen, und zu Löhnen, die weit, weit unter dem sind, was österreichische Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen hier verdienen – Klammer: müssen – über dem Kollektivvertrag. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das muss man sich nämlich schon vorstellen, was das bedeutet, und zwar auch im Sinne eines europäischen Gedankens. Da kommen Leute nach Österreich – zu Recht, sage ich – die, weil sie selber sehr schlechte Bedingungen haben, den Wunsch haben, sich in Österreich einen etwas besseren Standard zu erarbeiten. Nur, man muss auch sehen, was das in Österreich bedeutet, wenn Leute hier arbeiten können, die hier – legalerweise dann – zu einem Zehntel des Preises arbeiten, wie das österreichische Betriebe anbieten können. (Bundesminister Dr. Bartenstein: Nein, das ist nicht richtig, Frau Sburny!) Das ist schon richtig, und Sie wissen das so gut wie ich, dass das möglich ist!

Das befördert natürlich, abgesehen davon, dass es sämtliche Standards in Österreich unterminiert, nicht nur im Lohn- und im Arbeitsrecht, sondern durchaus auch im Ver­braucherschutz, im Konsumentenschutz ... (Abg. Dr. Mitterlehner: Das ist ebenfalls falsch! Das ist einfach falsch!) Nein, das sagen Sie immer, wenn wir eine andere Position haben. Diese Standards werden alle unterminiert. Aber daneben – und vielleicht gelingt es Ihnen, einfach einmal zuzuhören und einen Satz bis zu Ende zu verfolgen – tragen Sie damit auch dazu bei, dass die Ressentiments gegen Bewoh­nerInnen, gegen Menschen anderer Länder in Österreich geschürt werden. (Abg. Dr. Mitterlehner: Das müssen Sie mir erklären!) Ja, das erkläre ich Ihnen sofort.

Was passiert, ist, dass natürlich die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Österreich extrem unter Druck kommen, weil Leute aus anderen Ländern zu einem wesentlich geringeren Preis hier arbeiten, und dann heißt es: Die nehmen uns die Arbeitsplätze weg!

Wenn Sie diese Dienstleistungsrichtlinie so beschließen – Sie, Herr Bundesminister, denn Sie sind dafür zuständig –, dann machen Sie das tatsächlich. Sie ermöglichen, dass zu Dumpinglöhnen in Österreich gearbeitet wird und Arbeitsplätze mit unseren Stan­dards verdrängt werden. Und das ist keine Kleinigkeit, wie Sie immer darzustellen versuchen, das unterminiert unser gesamtes soziales, arbeitsrechtliches System. Des­wegen werden wir hier ganz sicher nicht zustimmen können. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

 


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