Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 124. Sitzung / Seite 78

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12.28.47

Abgeordneter Josef Bucher (Freiheitliche): Sehr geehrte Frau Präsident! Herr Bun­desminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es wurde bis jetzt schon sehr viel zur vorliegenden Dienstleistungsrichtlinie gesagt, und sehr viel war richtig und wichtig. Man sieht ja auch in der generellen Zielsetzung, dass wir hier nicht weit voneinander entfernt sind. (Abg. Öllinger: Na ziemlich weit!) Was die Lissabon-Ziele betrifft, was die generellen Ziele der Europäischen Kommission betrifft, sind wir nicht weit voneinander entfernt. Der Weg dorthin ist etwas holprig, er gestaltet sich ein wenig unterschiedlich, und da gibt es durchaus Bedenken, die ich auch mit Herrn Präsidenten Verzetnitsch teile.

Generell glaube ich – um auch auf die Ausführungen meines Vorredners einzugehen –, Österreich ist in der Exekutierung der Richtlinien, in der Vollziehung verschiedener Maßnahmen, die wir von Brüssel erhalten haben, immer als Musterschüler dagestan­den. Nehmen wir als Beispiel die Hygieneverordnung  HACCP her; diese ist für viele ein gutes Beispiel. Sie hat sehr viele Fleischer, sehr viele Landwirte und auch Gastwirte, jene, die mit Lebensmitteln in Kontakt sind und im Lebensmittel produzierenden Ge­werbe tätig sind, an den Rand des Ruins gebracht. Es war für viele nicht verständlich, dass es so viele Richtlinien gibt, die umzusetzen sind, die nur Verwaltung und Bürokratie bedeuten. (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Jeder von uns war schon in Griechenland oder in Portugal auf Urlaub – langjährigen Mitgliedsländern neben uns –: Dort hängt das Fleisch noch in der Sonne, noch heuer im Sommer hing es in der Sonne! Das heißt, dass diese gut durchdachten Richtlinien und Zielsetzungen, die von Brüssel zu uns nach Österreich kommen, die von uns sehr ernst genommen und auch sehr sorgfältig umgesetzt werden, von anderen Mitglieds­ländern in der Europäischen Gemeinschaft nicht mit diesem Ausmaß an Sorgfalt und Ernsthaftigkeit geprüft und umgesetzt werden. Das ist auch der Punkt, weshalb ich ein bisschen skeptisch bin, was die Vollziehung der Dienstleistungsrichtlinie betrifft.

Ein anderes Beispiel – auch vom Kollegen Mitterlehner angesprochen – ist Basel II. Da sind wir den USA sprichwörtlich auf den Leim gegangen: eine Kreditschutzverordnung, die im Grunde genommen nur Verwaltung und Bürokratie hervorruft, die in den USA schon längst wieder gestrichen wurde, weil sie nichts gebracht hat, überhaupt keinen positiven Effekt für die mittelständische Wirtschaft (Abg. Mag. Johann Maier – in Richtung ÖVP –: Warum war die Wirtschaftskammer dafür?), die im Grunde genom­men für mich eigentlich den Anschein erweckt hat, als wenn man dem Europäischen Wirtschaftsraum durch eine solche unsinnige Verordnung bewusst Schaden zufügen wollte.

Das alles sind Beispiele – bis hin zur „Dekolleté-Verordnung“, die jetzt in den Zeitungen breitgetreten wird –, die die Bürger in unserem Land nicht mehr verstehen, die auch die Wirtschaft nicht mehr versteht, Beispiele für eine Überregulierung, die eigentlich zu einem Superstaat der Europäischen Gemeinschaft führt. Das wollen die Bürger in unserem Land nicht! Die Bürger in unserem Land wollen von der Europäischen Union verstanden werden. Sie identifizieren sich mit der Europäischen Gemeinschaft, mit dem Gemeinschaftsgedanken, sie identifizieren sich auch mit dem Euro, den ich bewusst nicht in Frage stellen möchte. Aber machen wir es den Bürgern nicht so schwer, an dieses europäische Ziel, an die Europäische Gemeinschaft zu glauben, auch in Zukunft, mit so unsinnigen Verordnungen und Reglementierungen, dass sie den Glauben daran verlieren, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Die Zielsetzung „Think global – act local“ würde auch uns in der Europäischen Gemein­schaft in Zukunft besser tun, dass wir unsere Verantwortung im Europa der Regionen etwas ernster nehmen und auch auf die Veränderungen der globalen Wirtschaft reagie-


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