Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 124. Sitzung / Seite 80

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richtlinie gar nicht brutal genug sein, dann gefällt es dem Minister Bartenstein! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Da sage ich, Herr Bundesminister: Wir können schon diskutieren, aber wir wollen auch von der Politik, in diesem Fall von unseren Vertretern auf europäischer Ebene, dass sie das, was die Gemeinden, die Landtage, die Mehrheit der österreichischen Bevöl­kerung – wahrscheinlich auch, würden wir offen abstimmen können, die Mehrheit der Parlamentarier – meinen, in Brüssel vertreten, sodass sich nicht immer mehr diese unselige Haltung durchsetzt, dass die da oben schon besser wissen, was denen da unten gut tut. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.) Das ist das Problem der europäischen Politik! Wenn sich daran nichts ändert, dann nützt uns auch der Europatag nichts.

Jetzt komme ich zur inhaltlichen Ebene, Herr Bundesminister: Weil Sie vorhin gemeint haben „Sagen Sie mir Beispiele“, sage ich Ihnen jetzt Beispiele. Es gibt in Österreich Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, die, von österreichischen Betrieben vermittelt, angestellt werden zum Beispiel von Firmen, die auf den Kanalinseln angemeldet sind – Großbritannien –, hier in Österreich arbeiten und nach britischem Recht, ja nicht einmal nach britischem Recht, sondern nach dem Recht der Kanalinseln, das noch schlechter ist, arbeits- und sozialrechtlich Sklavenarbeit betreiben. Niemand in Österreich kann das kontrollieren! Warum nicht? – Weil es keine Behörde gibt, die die Löhne kontrol­liert! Sagen Sie mir eine Behörde, Herr Bundesminister, die die Löhne kontrolliert! Es gibt keine. (Bundesminister Dr. Bartenstein: Die Behörde, die den Skandal in Linz aufgedeckt hat, zum Beispiel!)

Es gibt keine Behörde, die die Löhne kontrolliert! Es geht nicht darum, dass man im geeigneten Fall, wenn man draufkommt, alles Mögliche in Bewegung setzt. (Abg. Dr. Fekter: Sicherlich, die Krankenkassenprüfung!) Was wir verlangen, ist, dass gera­de auch Behörden, Kontrollbehörden ... (Abg. Dr. Fekter: Die Krankenkassen kontrol­lieren!)

Die Krankenkasse? – Hören Sie mir doch auf, Kollegin Fekter! Die Krankenkasse kommt doch nicht bei der Schwarzarbeit drauf! (Beifall bei den Grünen und bei Abge­ordneten der SPÖ.) Die schaut, dass ihre Sozialversicherungsbeiträge eingehoben werden, aber sie hat nicht das Recht – und das ist teilweise auch gut so –, da tätig zu werden, Frau Kollegin Fekter. (Abg. Dr. Fekter: Und die kriegt sie nur, wenn nach den Kollektivverträgen ...!)

Ich erzähle Ihnen ein zweites noch viel besseres Beispiel. (Zwischenrufe der Abg. Dr. Fekter.) – Frau Kollegin Fekter, vielleicht beruhigen Sie sich, bitte hören Sie zu! (Abg. Dr. Fekter: Sie haben keine Ahnung, wie es wirklich zugeht!) Hören Sie zu!

Erdbeerarbeit in Österreich, und damit kommen wir zur Dienstleistungsrichtlinie, im Sommer dieses Jahres aufgedeckt in Niederösterreich: In einem Erdbeeren produ­zierenden Betrieb – Dienstleistung – wurden Frauen aus Polen beschäftigt, und denen wurde bei der Ankunft gleich der Pass abgenommen – zu ihrer Sicherheit! Übersetzt: Damit sie nicht vorzeitig zurückkönnen. Egal, lassen wir diesen Aspekt weg, Herr Bundesminister. (Abg. Dr. Stummvoll: Konkret! Wo war das?)

Wenden wir uns dem zu: Was verdienen diese Personen? Sie sind gemäß österreichi­schem Kollektivvertrag angestellt. (Abg. Freund: Na sehen Sie!) Aber wissen Sie, Herr Kollege Freund, was der Kollektivvertrag für ErdbeerarbeiterInnen in Österreich vor­sieht? – 5,30 € oder 5,40 € brutto! Wissen Sie auch, was den ErdbeerarbeiterInnen, die hier arbeiten, abgezogen wird für Kost und Logis? – So viel, dass ihnen nichts bleibt. Die einzige Chance, die die ErbbeerarbeiterInnen ... (Abg. Neudeck: Das können Sie nicht beweisen!) Was regen Sie sich da so auf? Ich erzähle nur Sachen, die in den Zeitungen gestanden sind. (Abg. Neudeck: Das muss auch nicht stimmen, was in den


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