Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 124. Sitzung / Seite 145

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Jetzt, Frau Bundesministerin, müssen wir doch ein wenig in die Niederungen der letzten Tage steigen und müssen uns damit beschäftigen, dass sich wieder einmal gezeigt hat, dass die Berufung auf die Autonomie der Universitäten uns teilweise nicht zum Ziel führt. Es nützt uns nichts, wenn wir sagen, die Universitäten sind jetzt erst ein paar Jahre autonom, sie müssen lernen, sie können noch nicht alles wissen, das muss sich entwickeln, wenn sich dieser Lernprozess auf dem Rücken junger Maturantinnen und Maturanten abspielt.

Es ist unglaublich, was in den letzten Tagen alle politischen Parteien und Mandatare aus allen Bundesländern, in denen es Universitäten gibt, an E-Mails erreicht hat, in denen haarsträubende Dinge berichtet werden. Wenn junge Menschen, die sich viele Jahre darauf gefreut haben, Medizin studieren zu können, die seit Jahren beim Roten Kreuz mitarbeiten, die sich in ihrer Freizeit ausbilden lassen, dann einfach Ende Juli einen Bescheid bekommen: Du bist es nicht!, obwohl sie ein Maturazeugnis mit der Idealnote 1,0 haben, wenn diese Menschen dann zwei Monate darauf warten, ob sie die Möglichkeit bekommen werden, gegen so einen Bescheid zu berufen, und die Universität ihnen dann schreibt, der Bescheid wird innerhalb der nächsten sechs Monate kommen – schmecks, Kropferter! –, dann zeigt sich (Abg. Dr. Brinek: Da gibt es auch eine Klarstellung, Herr Kollege!), dass die Autonomie offensichtlich eine Voraussetzung nicht hat, nämlich dass die Leute, die sie auszuführen haben, von Ihren Beamten genügend geschult und unterrichtet sind in den österreichischen Gesetzen, insbesondere im Allgemeinen Verwaltungsgesetz. Das ist einfach nicht zulässig, Men­schen zu sagen: Den Bescheid kriegst du in sechs Monaten. Geh dich brausen! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Sie haben zwar einen Großteil Ihres politischen Berufslebens in Vorarlberg verbracht, sind aber Tirolerin, und ich nehme an, dass Ihnen das Schicksal der heuer durch­gefallenen Südtiroler MaturantInnen am Herzen liegt, die es nicht geschafft haben, einen Platz an der Medizinuniversität Innsbruck zu bekommen.

Frau Bundesministerin, ich ersuche Sie daher mit aller Eindringlichkeit, aber auch mit aller Höflichkeit: Bitte tun Sie etwas für diese Gruppe von 50 jungen Menschen, die pauschaliter abgelehnt wurden, weil die Medizin-Universität Innsbruck keine Rücksicht darauf genommen hat, dass die Matura in Italien so spät ist, dass sie zum Zeitpunkt, als sie ein Maturazeugnis hatten, bereits alle Plätze besetzt waren. Bitte tun Sie hier etwas!

Tun Sie auch etwas für jene jungen MaturantInnen, die sich auf die falsche Auskunft der Medizinuniversität Innsbruck verlassen haben, dass nicht die Reihenfolge des Poststempels entscheiden wird, sondern die Güte des Maturazeugnisses und die nachgewiesene freiwillige Mitarbeit bei medizinischen und sozialen Einrichtungen. Bitte tun Sie etwas für diese jungen Menschen, die im Vertrauen auf das, was ihnen die Medizinuniversität Innsbruck im Internet angekündigt hat, erst zwei oder drei Tage nach Beginn der Anmeldefrist, aber mit tollen Referenzen an die Uni gekommen sind und jetzt auch hören müssen: Leider zu spät! Nutzt alles nichts!

Ein besonders bedauernswerter Fall aus Oberösterreich ist der eines jungen Zivil­dieners, der im Spital von Vöcklabruck arbeitet und am ersten Anmeldetag deshalb nicht nach Innsbruck fahren konnte, weil er im Spital Dienst hatte. Und diesen Leuten sagt man dann: Zu spät! Pech gehabt! Gilt alles nicht. – Ich bitte Sie also, helfen Sie auch diesen Leuten! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

Frau Bundesministerin, wir kennen einander ja jetzt schon sehr lange, und natürlich versucht jeder von uns immer, originell zu sein, aber oft reden wir ja doch das Gleiche. So habe ich heute wieder von Ihnen den Vorwurf gehört, die Sozialdemokraten und, wenn ich es so sagen darf, auch die Grünen seien strukturkonservativ, während Sie


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