Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 127. Sitzung / Seite 42

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claims eine sehr mühsame und aufwendige Arbeit sein würde. Diese damalige Ein­schätzung hat sich in den letzten zwei Jahren bewahrheitet.

Der Grund dafür, dass es auch in jenen Fällen, wo es nichts mehr zu arbeiten gibt, wo alles geklärt ist, keine Restitution und keinen Geldfluss gibt, liegt an einem Wort im All­gemeinen Entschädigungsfondsgesetz, nämlich an dem Wort „Rechtssicherheit“. So warten beispielsweise die Erben des inzwischen zu Berühmtheit gelangten Palais in der Weihburggasse, das noch immer dem Bund gehört, auf Restitution. In diesem Palais war früher einmal das AMS untergebracht. Diese Erben warten also immer noch – und, obwohl in diesem Falle alles klar ist, wurde das bisher den Erben noch nicht zurückgegeben, weil es eben noch keine Rechtssicherheit gibt.

Meiner Ansicht nach – das ist auch die Meinung, die sehr, sehr viele der Antragstelle­rinnen und Antragsteller vertreten; ich kann jetzt nicht sagen „alle“, denn das ist eine geradezu unüberblickbare Zahl – ist heute der Moment gekommen, dass der National­rat die Entscheidung treffen kann, zu sagen: Die Einschätzung aus dem Jahr 2003, Vorauszahlungen für diese 210 Millionen US-Dollar zu geben, ist richtig; wir stehen dazu. Ein solcher Antrag wurde auch im Juli dieses Jahres eingebracht, und zwar ein Antrag, den alle vier Fraktionen mitgetragen haben und der von den vier Mitgliedern des Komitees des Nationalfonds und des Allgemeinen Entschädigungsfonds einge­bracht wurde, nämlich von Präsident Khol, Präsidentin Prammer, Präsident Prinzhorn und Klubobmann Van der Bellen, die Mitglieder des Komitees sind. Dieser Antrag wurde auch im Nationalrat eingebracht, damals geknüpft an die Hoffnung, dass das, was im Mai 2005 in der Öffentlichkeit bekannt wurde, dass nämlich die Rechtssicher­heit unmittelbar vor der Tür stehe, tatsächlich stimmt.

Inzwischen sind einige Monate vergangen, und die Rechtssicherheit, die die Voraus­setzung für die Auszahlung und Vorauszahlung darstellt – bei der Vorauszahlung geht es um 10 Prozent der Quote insgesamt –, steht sozusagen nach wie vor vor der Tür. Jedenfalls wissen wir nicht, wie lange es noch dauern wird, bis diese Rechtssicherheit tatsächlich eintreten wird.

Der Umstand, der heute von Relevanz ist, nämlich die Tatsache, dass die Israelitische Kultusgemeinde Österreichs, vertreten durch Präsident Muzicant, den – ich sage jetzt diesen Terminus technicus – Support als Amicus Curiae für diese Klagen inzwischen bei den Gerichten in den USA zurückgezogen hat, wird von ganz entscheidender Be­deutung dafür sein, dass überhaupt Rechtssicherheit eintritt, denn ohne diese Rechts­sicherheit ist der Allgemeine Entschädigungsfonds ein Abkommen zwischen zwei Staa­ten und ein Gesetz, das hier eingebracht wurde.

Deshalb, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, Herr Präsident, Frau Präsidentin und Herr Klubobmann Scheibner, appelliere ich heute – übrigens genauso wie damals im Ausschuss, als wir dieses Gesetz dort beraten haben; das war bereits im September, also schon wieder zwei Monate zurück – intensiv an Sie, das zu tun, was von Seiten des Gesetzgebers und von Seiten der Republik Österreich heute angebracht wäre, nämlich die Frage der Vorauszahlungen für die betagten Opfer, die Claims-Anträge eingebracht haben, von der Frage der Rechtssicherheit zu entkoppeln.

Die Frage der Rechtssicherheit in diesem Fall lässt es in Zukunft nicht zu, dass Men­schen auch nur einen Cent von diesen Ansprüchen, die sie haben, aus diesem Fonds von 210 Millionen Dollar bekommen werden.

Wenn mir jetzt entgegengehalten wird, dass im Washingtoner Abkommen, das ja ein völkerrechtlicher Vertrag ist, so festgelegt sei, dass, wenn Rechtssicherheit eintritt, sich die Rechtswirkungen dieses Washingtoner Abkommens entwickeln, dann sage ich: Ja, das ist ein Vertrag, allerdings steht in diesem Vertrag nirgends, dass die Grundidee dieses Konstruktes, dieses völkerrechtlichen Vertrages, Opfern Entschädigungsleistun-


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