Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 129. Sitzung / Seite 53

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sagt: Wir können es nicht ausschließen. Diese Wandschränke, diese Versteck­möglichkeiten und so weiter – wir müssen Videodaten haben. Wir können nicht ausschließen, dass sich Drogendealer in Einkaufszentren aufhalten und so weiter.

Also noch einmal zurück zum Anfang. Warum will die Regierung wissen, ob sich Ter­roristen und Drogenhändler an bestimmten Orten aufhalten, wenn fix davon auszu­gehen ist, dass sich dort keine befinden, weil schon die internen Sicherheitsdienste dieser Einrichtungen dafür sorgen werden, dass dort weder mit Drogen gedealt wird noch terroristische Anschläge vorbereitet werden? Und es ist auch wichtig, zu fragen, was die Regierung wissen will, und nicht, was die Kriminalpolizei wissen will, denn die wichtigsten Neuerungen in diesem Sicherheitspolizeigesetz gehen nicht auf Initiativen der Kriminalpolizei zurück.

Die Beamten und Beamtinnen der Kriminalpolizei, deren hohe fachliche Qualifikation für uns alle außer Streit steht, weisen uns seit Monaten, in Einzelfällen sogar seit Jahren darauf hin, dass sie niemals ersucht haben, noch weitere flächendeckende Überwachungsmaßnahmen zur Verfügung gestellt zu bekommen. Und das hat einen ganz einfachen Grund. Fragen Sie einmal die Beamten und Beamtinnen des Bun­deskriminalamtes! Wenn die jetzt noch Videodaten von Einkaufszentren, von U-Bahnen, von Garagen auswerten müssen, glauben Sie, die haben überhaupt noch irgendeine Chance, mit ihrer Arbeitszeit auszukommen? Die Beamtinnen und Beamten der Kriminalpolizei, insbesondere im Bereich der Wirtschafts- und Vermögensdelikte, sind bereits dermaßen überlastet, dass sie längst an uns, an die Gesetzgeber und Gesetzgeberinnen, appellieren, mit jedem diffusen Überwachungsinstrument, wo keine gezielte Gruppe beobachtet wird, keine Gruppe von Verdächtigen verfolgt wird, sondern die gesamte Bevölkerung verdächtigt wird, aufzuhören und ihnen nicht zuzumuten, noch mehr Menschen zu überwachen, mit noch geringeren Chancen, irgendwen, von dem sie nicht wissen, wer er ist und welche Straftat er oder sie begangen haben soll, zu finden.

Das Problem ist, dass Sie auf eine bisher unbekannte Art eine völlige Überlastung und Überforderung der Beamtinnen und Beamten mit einem bisher unbekannten, sehr weitgehenden Eingriff in die Privatsphäre der Menschen in Österreich verbinden.

Also was will die Regierung alles wissen? – Alles, was es an Bewegungsdaten in dieser Republik gibt, Rufdatenrückerfassung. Hätte die Kommission der Europäischen Union unsere Justizministerin und unsere Innenministerin nicht daran gehindert, wir hätten eine Zurückverfolgung der Handy-Daten auf drei Jahre. Bewegungsdaten, Sozial­kontakte. – Niemand kann sagen, wozu. Es wird von „Terroristen und Ter­roristinnen“ gesprochen. – Die benützen nicht die Handys unter ihren eigenen Namen!

Mehr als 300 Millionen Menschen waren in Gefahr, dass ihre Daten auf diese Art und Weise überwacht werden. Nicht österreichische Regierungsmitglieder haben ge­schützt, sondern die Europäische Kommission und das Europäische Parlament.

Wenn es heute noch irgendeinen Partner gibt, der uns hilft, Grundrechte und Privat­sphäre zu schützen, dann sind es die europäischen Einrichtungen wie die Kommission und dann sind es vor allem die Parlamente. Die Parlamente sind der letzte Ort der Grundrechtssicherheit in Europa. Nachdem ein großer Teil insbesondere der konser­vativ geführten, aber manchmal auch der sozialdemokratisch geführten Regierungen im Grundrechtsbereich alte Freiheitsvorstellungen weitgehend aufgegeben hat, sind es nur noch nationale Parlamente und das Europäische Parlament, die Grundrechte schützen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Jetzt stelle ich die Gegenfrage: Was alles will die Regierung nicht wissen? Warum will die Regierung nicht wissen, wer vor drei Jahren ein Visum nach Österreich beantragt hat? Warum werden nach wie vor die Unterlagen über Visa-Anträge an öster-


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