Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 131. Sitzung / Seite 10

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erklären! – Wenn man sich damit begnügt, den Menschen Europa zu erklären, so wie es ist, dann wird man nie Zustimmung finden, dann wird es nie Akzeptanz geben, dann wird es nie Unterstützung geben! Europa ist, so wie es ist, nicht das Europa, das wir zu bilden versprochen haben, als wir in Österreich dafür eingetreten sind, dass Österreich Mitglied der Europäischen Union wird. Wir haben damals gesagt, Europa ist nicht nur ein Friedensprojekt, ein politisches Projekt und ein Wirtschaftsprojekt, sondern Europa ist auch ein soziales Projekt. Das aber, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen von den beiden Regierungsparteien, hört man von Ihnen nicht!

Da gibt es die Erfolgsmeldungen über eine Erweiterung und über eine weitere Erweite­rung, aber es wird nicht dazu gesagt, dass es starke neo-liberale Binnenmarktphiloso­phen in der Europäischen Union gibt (Abg. Mag. Molterer: Tony Blair!), für die der Erweiterungsprozess in Wahrheit das Instrumentarium (Abg. Dr. Stummvoll: Tony Blair!) für Lohndruck, Sozialabbau, Steuerwettbewerb und Standortwettbewerb ist – egal, von welcher politischen Richtung. (Abg. Mag. Molterer: Freund Tony Blair!)

Die österreichische Bundesregierung hat sich im Wesentlichen diesen neo-liberalen Strömungen der anderen nationalen Regierungen angeschlossen – und das wissen Sie auch ganz genau. (Abg. Dr. Stummvoll: Lauter Sozialdemokraten!)

Man braucht sich ja nur die Werbereden der Regierungsvertreter zur EU-Dienstleis­tungsrichtlinie anzuhören. Sie sagen in Österreich: Jawohl, es ist gut, wenn Unterneh­men ihre Dienstleistungen zu den Preisen ihres Herkunftslandes, die weit unter den Kosten der kleinen und mittleren Unternehmen liegen, in Österreich anbieten können! Das ist gut, das soll so sein!, das hören wir hier. Sie sind die Vertreter des Neoliberalis­mus, der in der Europäischen Union und auch in Österreich vorherrscht! Sie tragen das mit und setzen es auch noch weiter in der Europäischen Union um! Da machen wir von der SPÖ nicht mit, das sage ich Ihnen! Ein solches Europa werden wir nicht erklären! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Erinnern Sie sich noch, als die Wachstumsinitiative der Europäischen Union diskutiert wurde? – Damals hat Finanzminister Grasser dagegen gewettert. Grasser ist sogar noch weiter gegangen und hat gesagt: Wer bei den Maastricht-Kriterien, die besagen, wie viel Schulden ein Staat machen kann, wenn es der Wirtschaft, dem Wachstum und der Beschäftigung dient, auch nur ein kleines Schräubchen lockert, der soll überhaupt kein Stimmrecht mehr haben! Da hat Grasser wieder seine vordemokratischen Anfälle bekommen! Das war die Position, die Sie damals vertreten haben. Grasser, Minister Bartenstein und Bundeskanzler Schüssel waren das Trio, das in Wahrheit auf euro­päischer Ebene das durchzusetzen versucht hat.

Man kann mit noch so vielen Autobussen und Containern durch Österreich fahren, ich frage Sie: Was wollen Sie den Menschen erklären? 20 Millionen Arbeitslose, eine inak­tive österreichische Bundesregierung, kein Wachstum, keine Beschäftigung, der Erwei­terungsprozess als Teil eines neoliberalen Programmes – wollen Sie das den Men­schen erklären? (Abg. Dr. Stummvoll: Das ist reiner Populismus!)

Sie schütteln gerade den Kopf, Herr Abgeordneter Stummvoll: Schütteln Sie ihn gleich weiter, hören Sie nicht auf damit, denn während der österreichischen Ratspräsident­schaft wird noch über etwas anderes diskutiert werden, und da schlittern Sie jetzt hin­ein, weil Sie sich weigern, Schritte zu setzen, um diesen Visa-Skandal tatsächlich auf­zuklären.

Österreich ist das offene Tor mit gekauften Visa in den Schengen-Raum. Das haben Sie zu verantworten. Sie alle stecken den Kopf in den Sand und weigern sich, den Kopf wieder heraus zu nehmen. Sie sehen da unten nichts, Sie werden dann auch im Sand nicht mehr mit dem Kopf schütteln können, weil Sie dann unbeweglich sind. Ich sage Ihnen: Die Wahrheit ist, dass Sie das zu verantworten haben! Es wird bereits darüber


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