Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 131. Sitzung / Seite 21

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Dass Populismus sehr schnell in Richtung anti-europäische Position abweicht, wissen wir. (Abg. Mag. Molterer: Haben wir gehört, heute!) Dass gelegentlich behauptet wird, das sei meistens – oder immer wieder – von der rechten Seite der Fall, auch das hört man, nicht nur in Österreich.

Herr Cap, das, was ich heute von Ihnen gehört habe, war einmal Populismus von der linken Seite kontra Europa. Was ich da sehr bemerkenswert finde, ist, dass Sie da eine offizielle Zwei-Firmen-Theorie haben: Herr Gusenbauer pro Europa, Herr Cap kontra Europa. (Ruf bei der ÖVP: Zickzack!) Sie wenden sich gegen die Skepsis gegenüber Europa – und Herr Cap schürt die Skepsis. Das kann man so halten, auch wenn man früher eine pro-europäische Partei war. Sie sind das aber nicht mehr. (Abg. Mag. Mol­terer: Lang, lang ist es her!) Die Sozialdemokratie Österreichs ist mittlerweile eine europa-skeptische Partei geworden, und Herr Cap hat hier heute das beste Beispiel dafür geliefert. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Europas Priorität – und da stimme ich mit Dr. Gusenbauer überein – muss in den nächsten Monaten und Jahren sein: Wachstum und Beschäftigung. Das steht auch im Legislativ- und Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission, im Übrigen für das gesamte Jahr 2006, Herr Dr. Gusenbauer.

An der Spitze stehen Wachstum und Jobs, darum geht es; das ist klar bei über 19 Milli­onen Arbeitslosen. – Ich habe an der Zahl des Herrn Verzetnitsch am Sonntag im ORF nicht verstanden, wie er zu 32 Millionen kommt, 19 Millionen sind schlimm genug. – Die Relevanz von Wettbewerbsfähigkeit, Wachstum, Jobs ist mittlerweile auch unter europäischen Arbeitnehmern und Arbeitsgebern unumstritten. Daran muss gearbeitet werden.

Dass man gegen einen Steuerwettlauf sein kann, diese Position sei anerkannt. Ich bin jedoch anderer Meinung: Ich halte etwas von Steuerwettbewerb. Ich möchte Ihnen ein Beispiel zitieren, warum es für Österreich ganz gut ist, dass wir in diesen Steuerwettbe­werb konstruktiv und verantwortungsvoll eingegangen sind.

Herr Abgeordneter Eder, das Ihnen nicht ganz unbekannte Unternehmen OMV ist en­gagiert bei Borealis, und zwar jetzt zu wesentlichen Teilen. Borealis, Europas sechst­größter Kunststoffkonzern, hat sich nach Aussagen des Managements dazu entschlos­sen, sein Headquarter in Europa nicht in Skandinavien, nicht in London, sondern (Abg. Eder: In Wien!) in Wien zu etablieren (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen), und zwar auf Grund der Standort- und auf Grund, Herr Dr. Gusenbauer und Herr Dr. Cap, der Steuervorteile, die Österreich bietet. – Also, manchmal ist der Steuerwettbewerb für Jobs und Standort doch ganz gut, auch für die Arbeitsplätze, meine sehr verehrten Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich bin in manchem sehr für skandinavische Politik und komme gleich darauf zu spre­chen. Bundeskanzler Schüssel hat ja auch gesagt – André Sapir, vier europäische Sozialmodelle –: Wir fühlen uns dem skandinavischen Modell näher als dem zentral­europäischen.

Nur wenn Sie, Herr Gusenbauer, sagen, in Sachen Arbeitsmarktpolitik und in Sachen Jobs sollten wir uns an den Skandinaviern orientieren, kann ich das, was Sie sagen, nicht ganz nachvollziehen: Die Finnen haben eine Arbeitslosenrate von 8,1 Prozent, die Schweden von 6,3 Prozent – wir von 5,2 Prozent. In Sachen Jugendarbeitslosig­keit: Die Finnen liegen bei 19,3 Prozent, die Schweden bei 16,6 Prozent – wir bei 10,4 Prozent. – Wieso wir uns da an Skandinavien orientieren sollten – an Finnland und Schweden –, müssen Sie Österreichs Arbeitnehmern und Bürgern erst einmal er­klären, Herr Dr. Gusenbauer! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

 


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