Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 131. Sitzung / Seite 24

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sehr sein, obwohl das auch eine Rolle spielen wird: Wird dieser Vorsitz innenpolitisch in Wahlkampfzeiten genützt oder nicht? Ich denke, die entscheidende Frage wird nicht einmal sein, dass eine Opposition natürlich daran interessiert ist, die Erfolgslatte höher anzusetzen, damit man dann schauen kann, was wirklich alles erreicht wurde und eine Regierung natürlich daran interessiert ist, sie sehr niedrig und unverbindlich anzuset­zen, damit alles, was erreicht wurde, als Erfolg verkauft wird. – Nein, ich denke, die entscheidende Frage wird die sein, die hier angesprochen wird: die soziale Frage.

Die EU-Präsidentschaft Österreichs wird dann einen Erfolg haben, wenn sie in diesen Fragen initiativ wird, und sie wird dazu im Wesentlichen im Gegensatz zu sich selbst als österreichische Regierung stehen, denn als solche macht sie nicht jene Politik, die sie als Präsidentschaft für ganz Europa vertreten müsste. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Das wird die große Bruchlinie im nächsten halben Jahr in Österreich sein! (Abg. Scheibner: Wieso wissen Sie das jetzt schon?) – Weil es sich jetzt schon anzeigt, weil es sich jetzt schon in Details anzeigt. Ein Detail, wie da Kleinigkeiten verwendet wer­den. (Abg. Scheibner: Da sind wir sehr gespannt!) Gut, dass Sie mich erinnern, damit ich allen Zuhörerinnen und Zuhörern und auch Ihnen hiezu ein Beispiel gebe.

Herr Minister Bartenstein sagt – das passt im Übrigen auch nicht zum Legislativpro­gramm –, dass Herr Kollege Verzetnitsch im Fernsehen von 32 Millionen Arbeitslosen gesprochen habe, obwohl es nur 19 Millionen seien, und er fragt ihn, woher er das habe.

Sie wissen ganz genau: Diese Äußerung ist am 24. Oktober vom Kommissionsmitglied Špidla in London gemacht worden. Špidla hat damals von den 19 Millionen Arbeitslo­sen gesprochen und den 13 Millionen Arbeitssuchenden, die dazukommen, die aber formell nicht als Arbeitslose registriert sind. 19 plus 13 ist 32. Und wer war bei genau demselben Gespräch, das Herr Präsident Verzetnitsch gehört hat, noch anwesend? – Herr Minister Bartenstein persönlich! Aber hier fragt er, woher dies Herr Verzetnitsch habe.

Das ist ein kleines Beispiel dafür, wie hier im Ganzen manchmal Politik gemacht wird. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Aber nun zum Legislativprogramm und zu den Punkten, die mich besonders bewegen und die ich zu behandeln habe. Außenpolitik: Meine Kritik ist, dass sich auch in diesen Punkten die Schwäche der Kommission selbst auch in ihrem Programm zeigt, dass in den außenpolitischen Fragen klare Vorhaben fehlen und Dokumente oft nicht Bezug auf brennende Fragen nehmen.

Ein paar Beispiele. Europäische Nachbarschaftspolitik: Sie wird allgemein erwähnt, da wird nichts finanziell festgelegt, da werden die Kriterien nicht festgelegt, da werden die Länder nicht überprüft, denn sie sind sehr uneinheitlich ausgewählt. Da müsste etwas geschehen. Unter österreichischem Vorsitz wird dies wahrscheinlich nicht gemacht, weil man natürlich während des halben Jahres seiner Vorsitzzeit nicht gegen die Kom­missarin, die aus Österreich stammt, auftreten möchte.

Balkan-Politik: Da gibt es gute Vorschläge für einzelne Bereiche. Ein Konzept für den Balkan selbst, nämlich die Umdrehung der in die falsche Richtung wirkenden EU-In­strumente, um nicht mehr Unterschiede, sondern mehr Ausgleich zu schaffen, ist je­doch nicht enthalten.

China: Es wird kryptisch eine neue EU-China-Politik – da geht es da nicht um die WTO-Frage, die ist daneben – für die nächsten fünf Jahre angekündigt, ohne dass irgendein Detail drinnen stünde.

 


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