sehr sein, obwohl das auch eine Rolle spielen wird: Wird dieser Vorsitz innenpolitisch in Wahlkampfzeiten genützt oder nicht? Ich denke, die entscheidende Frage wird nicht einmal sein, dass eine Opposition natürlich daran interessiert ist, die Erfolgslatte höher anzusetzen, damit man dann schauen kann, was wirklich alles erreicht wurde und eine Regierung natürlich daran interessiert ist, sie sehr niedrig und unverbindlich anzusetzen, damit alles, was erreicht wurde, als Erfolg verkauft wird. – Nein, ich denke, die entscheidende Frage wird die sein, die hier angesprochen wird: die soziale Frage.
Die EU-Präsidentschaft Österreichs wird
dann einen Erfolg haben, wenn sie in diesen Fragen initiativ wird, und sie wird
dazu im Wesentlichen im Gegensatz zu sich selbst als österreichische Regierung
stehen, denn als solche macht sie nicht jene Politik, die sie als
Präsidentschaft für ganz Europa vertreten müsste. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)
Das wird die große Bruchlinie im nächsten
halben Jahr in Österreich sein! (Abg. Scheibner: Wieso wissen Sie das
jetzt schon?) – Weil es sich
jetzt schon anzeigt, weil es sich jetzt schon in Details anzeigt. Ein Detail,
wie da Kleinigkeiten verwendet werden. (Abg. Scheibner: Da sind wir sehr gespannt!) Gut, dass Sie mich erinnern, damit ich allen
Zuhörerinnen und Zuhörern und auch Ihnen hiezu ein Beispiel gebe.
Herr
Minister Bartenstein sagt – das passt im Übrigen auch nicht zum
Legislativprogramm –, dass Herr Kollege Verzetnitsch im Fernsehen von
32 Millionen Arbeitslosen gesprochen habe, obwohl es nur 19 Millionen
seien, und er fragt ihn, woher er das habe.
Sie
wissen ganz genau: Diese Äußerung ist am 24. Oktober vom
Kommissionsmitglied Špidla in London gemacht worden. Špidla hat damals von den
19 Millionen Arbeitslosen gesprochen und den 13 Millionen
Arbeitssuchenden, die dazukommen, die aber formell nicht als Arbeitslose
registriert sind. 19 plus 13 ist 32. Und wer war bei genau demselben Gespräch,
das Herr Präsident Verzetnitsch gehört hat, noch anwesend? – Herr Minister
Bartenstein persönlich! Aber hier fragt er, woher dies Herr Verzetnitsch habe.
Das ist
ein kleines Beispiel dafür, wie hier im Ganzen manchmal Politik gemacht wird. (Beifall
bei der SPÖ und den Grünen.)
Aber nun
zum Legislativprogramm und zu den Punkten, die mich besonders bewegen und die
ich zu behandeln habe. Außenpolitik: Meine Kritik ist, dass sich auch in diesen
Punkten die Schwäche der Kommission selbst auch in ihrem Programm zeigt, dass
in den außenpolitischen Fragen klare Vorhaben fehlen und Dokumente oft nicht
Bezug auf brennende Fragen nehmen.
Ein paar
Beispiele. Europäische Nachbarschaftspolitik: Sie wird allgemein erwähnt, da
wird nichts finanziell festgelegt, da werden die Kriterien nicht festgelegt, da
werden die Länder nicht überprüft, denn sie sind sehr uneinheitlich ausgewählt.
Da müsste etwas geschehen. Unter österreichischem Vorsitz wird dies
wahrscheinlich nicht gemacht, weil man natürlich während des halben Jahres
seiner Vorsitzzeit nicht gegen die Kommissarin, die aus Österreich stammt,
auftreten möchte.
Balkan-Politik:
Da gibt es gute Vorschläge für einzelne Bereiche. Ein Konzept für den Balkan
selbst, nämlich die Umdrehung der in die falsche Richtung wirkenden EU-Instrumente,
um nicht mehr Unterschiede, sondern mehr Ausgleich zu schaffen, ist jedoch nicht enthalten.
China:
Es wird kryptisch eine neue EU-China-Politik – da geht es da nicht um die
WTO-Frage, die ist daneben – für die nächsten fünf Jahre angekündigt, ohne
dass irgendein Detail drinnen stünde.