Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 131. Sitzung / Seite 29

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dieses europäische Projekt, die es auch in Österreich zumindest damals beim Beitritt noch gegeben hat, im vergangenen Jahr den Menschen einfach abhanden gekommen ist. Und das hat Gründe.

Warum ist das geschehen? – Ein Teil der Gründe liegt sehr wohl bei dem, was zum Beispiel die Europäische Kommission vorgibt. Da werden zum Teil falsche Wege gegangen. So ist etwa die Kommission viel zu freundlich, was die Zulassung von gen­technisch veränderten Organismen betrifft, wogegen sehr viele europäische Staaten – in diesem Fall auch Österreich – sind. Oder auch der massive Ausbau der Atomener­gie. Das sind Dinge, die die Europäische Kommission sehr wohl vorschlägt und wo ich verstehen kann, dass viele Menschen sagen, gerade auch in Österreich, nein: Also die in Brüssel, die wollen wir nicht!

Das große Aber ist: Die machen das nicht ganz alleine und die sitzen nicht da irgend­wo in Brüssel oder fernab auf einem anderen Planeten, sondern da sitzen im Europäi­schen Rat die nationalen Regierungen mit drinnen und entscheiden genau diese Din­ge und sind natürlich mit daran schuld und dafür verantwortlich, wenn der EURATOM-Vertrag weiter ausgebaut wird und mehr Geld bekommt und mehr in den Ausbau der Kernenergie gesetzt und nicht in erneuerbare Energien investiert wird.

Darin liegt aber das Problem, dass dann Sie von unserer Bundesregierung von diesen Entscheidungen in Brüssel zurückkommen und sagen: Ach, die in Brüssel sind schuld, wir haben ohnehin gekämpft wie die Löwen – wie oft haben wir das schon gehört –, gekämpft wie die Löwen, aber, leider, wir haben es nicht geschafft!

Das ist einer der Hauptgründe für diese EU-Skepsis, die es in der Europäischen Union, auch in Österreich, gibt und wo es notwendig ist, dass auch die österreichische Präsi­dentschaft sich etwas dazu überlegt und sagt: Wie wollen wir das anders machen? Wie haben wir vor, als nationale Regierung dieser Tendenz, zu sagen, alles, was aus Brüs­sel kommt, ist schlecht, etwas entgegenzusetzen?

Da ist es sehr wohl notwendig – so etwa im Bereich der Begriffe „Solidarität“ und „euro­päisches Sozialmodell“ –, Vorschläge zu machen und diese Bereiche zu thematisieren, den Menschen Antworten auf ihre zunehmenden Existenzsorgen zu geben, gerade in Zeiten der Globalisierung, und sich dafür einzusetzen, dass es eine europäische Sozi­alunion gibt, dass das Steuerdumping – dieses neo-liberale Modell: je weniger Steuern, desto besser – endlich ein Ende hat.

Und was tun Sie? – Sie finden nur, das ist alles in Ordnung!

Herr Minister Bartenstein, konkurrieren, Wettbewerb treiben, das sollen die Unterneh­men, aber nicht die Staaten! Die Staaten sind dazu da, Steuern einzuheben, um für die Menschen soziale Maßnahmen, Maßnahmen in den Bereichen Bildung, Gesundheit et cetera zu setzen. Wettbewerb ist etwas für die Unternehmen, aber nicht für die Staa­ten! Also kein Steuerdumping (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dr. Barten­stein), sondern eine Initiative der österreichischen Präsidentschaft für Steuerharmoni­sierung auf EU-Ebene! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Herr Minister Bartenstein hat ein sehr bezeichnendes Wort verwendet, das in der letz­ten Zeit von den Regierungsmitgliedern – und auch von Seiten der ÖVP – des Öfteren zu hören ist: Es ginge um das „europäische Lebensmodell“ (Bundesminister Dr. Bar­tenstein: Ja!), oder auch „europäisches Gesellschaftsmodell“ wird manchmal gesagt. – Ich finde es schon sehr interessant, dass nicht mehr die Rede vom europäischen Sozialmodell ist. (Abg. Mag. Molterer: Das gehört zum Lebensmodell dazu!) „Lebens­modell“ – das klingt sehr unverbindlich. (Abg. Mag. Molterer: Das ist mehr!) Das klingt nicht so, als ob man hergehen und sagen möchte (Abg. Scheibner: Da sind auch die Menschenrechte dabei, Frau Kollegin! Da werden Sie ja nicht dagegen sein?): Ja, es


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