In der nächsten Zeit waren es täglich sechs bis acht Freier, die ich bedienen musste. Und nicht nur die Freier kamen. Die Männer, denen das Lokal gehörte, kamen hin und wieder auch zu mir, wenn ich gerade keinen Kunden hatte. Sie machten mir klar, dass sie sich als meine Eigentümer fühlten.“
Das ist eine wahre Geschichte aus dem Buch von Lea Ackermann, Inge Bell, Barbara Koelges: „Verkauft, versklavt, zum Sex gezwungen“, und diese wahre Geschichte soll ein bisschen zum Nachdenken anregen, weil Einzelbeispiele immer wirkungsvoller sind als Statistiken oder Zahlen, weil an ihnen die Menschen sichtbar werden – die Menschen und die Schicksale.
Und dennoch kann sich wahrscheinlich kaum jemand von uns vorstellen, was diese Menschen – in Österreich zu 99 Prozent Frauen, viele Kinder und immer mehr Buben – mitmachen: Sie werden unter falschen Versprechungen aus der Heimat gelockt, unter schlimmsten, menschenunwürdigsten Verhältnissen in ein anderes Land geschleppt, ohne Dokumente und ohne Kenntnis der Sprache in diesem Land, und sie sind völlig abhängig, oft mit Gewalt abhängig gemacht. – Was müssen diese Menschen nur durchmachen!
Ich denke, wir sind uns in diesem Haus alle einig, dass wir alles im Rahmen unserer Möglichkeiten unternehmen müssen, damit dieser Sklavenhandel beendet wird.
Jetzt hat Ministerin Rauch-Kallat angekündigt, dass das Thema Menschenhandel im Rahmen der EU-Ratspräsidentschaft Österreichs ein Thema sein wird. – Das ist sehr zu begrüßen, nur: Meine Befürchtung ist, dass das Problem auf die europäische Ebene abgeschoben wird und dass wichtige Maßnahmen, die wir hier in Österreich umsetzen könnten, um eben die Menschen und die Opfer von Menschenhandel zu schützen, einfach ignoriert und nicht durchgeführt werden. Als Beweis dienen Anfragebeantwortungen von Ministerin Prokop und Ministerin Gastinger.
Sehr geehrte Damen und Herren! Sie können sich sicherlich noch an diesen Justizskandal im Sommer erinnern: Obwohl es damals schriftliche Telefonprotokolle gab, in denen nachzulesen war, dass Freier minderjährige Prostituierte – Zwangsprostituierte – bestellt haben, wurde von diesen Sexkonsumenten keine Zeugenaussage verlangt beziehungsweise wurde ihnen nicht der Prozess gemacht.
Daraufhin habe ich an die Innenministerin und an die Justizministerin parlamentarische Anfragen gerichtet, die leider mehr als enttäuschend und mangelhaft beantwortet wurden.
Ich möchte mich heute auf die Anfragebeantwortung des Justizministeriums konzentrieren, und zwar vor allem auch deshalb, weil bei keinem anderen Regierungsmitglied das Sagen und das Tun derart unterschiedlich ist wie bei Ministerin Gastinger. Ich meine damit, dass Frau Ministerin Gastinger eine Meisterin in der Ankündigungspolitik ist und bei erster Gelegenheit sofort wieder umfällt – Stichwort: gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaft. Und so auch in diesem Fall.
Bei einer Aussprache mit Ihnen im Rahmen des Justizausschusses haben Sie, Frau Ministerin, noch angekündigt, dass die Vorschläge der SPÖ geprüft und unter Umständen auch Gesetze geändert werden. – Jetzt aber, einige Wochen danach, ist von all dem keine Rede mehr!
Im Folgenden einige traurige „Highlights“ aus der Anfragebeantwortung. Ministerin Gastinger schreibt zum Beispiel:
„Soweit im hier relevierten Fall Minderjährige der Prostitution nachgegangen sind, standen sie einige Monate vor Vollendung ihres 18. Lebensjahres und konnten ihrem äußeren Erscheinungsbild nach für Erwachsene gehalten werden.“ – Zitatende.