Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 138. Sitzung / Seite 48

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16.45.51

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Das bedauerliche Thema Rekordarbeitslosigkeit führt heute den Nationalrat wieder einmal zusammen, und ich möchte daran erinnern, dass gerade die österreichische Sozialdemokratie seit Jahren mehrmals darauf hinge­wiesen hat, wie dringend Maßnahmen gegen diese Geißel zu setzen sind.

Aber was waren die Antworten, die wir gehört haben? – Am 12. August des Jahres 2003 gab es eine Sondertagung, weil unser Wirtschaftswachstum deutlich zurück­gefallen ist. Der Finanzminister, der übrigens heute abwesend ist – so viel zum Thema Beitrag zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit –, antwortete damals auf einen konkreten Vorschlag, die steuerlichen Investitionsanreize in diesem Lande zu verstärken und die Massenkaufkraft durch Entlastung der kleinen und mittleren Einkommen zu heben, dass die Überzeugung bei ihm vorherrsche – Grasser verwendete übrigens die Wir-Form in einer Art Pluralis Majestatis –, dass derartige Maßnahmen nach allen ökono­mischen Theorien, „die wir kennen“, keinen gezielten Effekt auf die Konjunktur hätten.

Nur: Die Wahrheit, meine Damen und Herren, schaut anders aus: Andere Länder haben bessere Finanzminister, denn die haben Maßnahmen ergriffen, die sehr wohl gegen die Konjunkturschwäche gewirkt haben. Ich darf daher die Ausführungen des Herrn Bundeskanzlers in Bezug auf seine „unbestechlichen“ Statistiken von EUROSTAT ergänzen.

Der Herr Bundeskanzler hat Schweden genannt, Schweden, das angeblich weit hinter Österreich zurückliege. – Was mich interessiert, ist etwas anderes: Schweden hatte in der Zeit von 1999 bis 2005 2,8 Prozent Wirtschaftswachstum zu verzeichnen, Öster­reich eines von nur 1,9 Prozent. Die Schweden haben eine bessere Wirtschaftspolitik gemacht. Und ich will nicht, dass unser Land eine schlechtere Wirtschaftspolitik macht als Länder, die auf diesem Kontinent für mehr Beschäftigung und weniger Arbeits­losigkeit sorgen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

Meine Damen und Herren! Zum dritten Mal wurde hier behauptet, dass 1,1 Prozent öffentliche Investitionsquote falsch seien. – Sie irren, Herr Klubobmann Scheibner! Sie irren auch, Herr Klubobmann Molterer! Es ist die offizielle EUROSTAT-Statistik, also genau jene, die der Bundeskanzler als „unbestechlich“ bezeichnet hat, die Österreich als Schlusslicht der Europäischen Union mit nur noch 1,1 Prozent an öffentlichen Investitionen ausweist! Das ist das wirklich Dramatische! (Abg. Mag. Molterer: Ohne ÖBB, ohne ASFINAG, ohne ...! Eins und eins ist zwei! – Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter.)

Die Damen und Herren auf der Regierungsbank versuchen, Äpfel und Birnen zusam­menzurechnen. All das, was an öffentlichen Investitionen nicht Maastricht-relevant ist, ist nicht dabei, und in ... (Zwischenruf des Abg. Mag. Molterer.) – Moment! Das ist in allen Ländern so! Und in allen Ländern Europas haben Sie inklusive dieser Inves­titionen einen höheren Wert als in Österreich, und das ist eine Schande für unser Land. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Bleiben wir gleich bei den Investitionen: Die Investitionen der privaten Unternehmun­gen sind in diesem Land zurückgegangen, weil Sie die Investitionsförderungen ge­strichen haben, meine Damen und Herren. Diese Maßnahme hatte sehr wohl eine Wirkung auf die Konjunktur, sie hat die Arbeitslosigkeit geschaffen, an der heute 380 000 Menschen leiden. Lassen Sie die Wirtschaft und die Unternehmen investieren, statt im Ausland mit der Gruppenbesteuerung Verlustbetriebe zu fördern! Fördern Sie in Österreich und nicht in China, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

16.49

 


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