Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 138. Sitzung / Seite 47

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Beispiel gerade eine Studie über Neue Selbständige und Leiharbeit irgendwo herum­liegen, bei der herausgekommen ist, dass 65 Prozent der Frauen, die in Leiharbeit beschäftigt sind, akut armutsgefährdet sind, das heißt bei weitem nicht leben können von der Arbeit, die sie machen. Das wird halt dann nicht veröffentlicht. Das ist die Bilanz dieser Regierung! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wenn man einen gemeinsamen Nenner dessen findet, wie Ihre Politik ausschaut, dann kann man sie nur als Dumping-Politik bezeichnen, und ich werde diesen Vorwurf gerne erhärten.

Sie, Herr Bundeskanzler, haben groß beweihräuchert – das können Sie ja gut –, wie die Beschäftigtenzahlen in Österreich wundersam gestiegen seien. – Wenn ich mir das jetzt anschaue, allein für die Frauen, die immerhin die Hälfte der Bevölkerung aus­machen, und diese Beschäftigungsvermehrung in ganz normale Vollzeitjobs, solche Jobs, von denen eine Frau ein gesichertes Auskommen hat, umrechne, dann stelle ich fest – das sind Eurostat-Quellen; Herr Bundeskanzler, Sie haben ja selbst vorhin gesagt, Eurostat ist unbestechlich –, dass in den letzten zehn Jahren alle Länder der EU-15 einen satten Zuwachs hatten, mit einer Ausnahme: Es gibt einen Staat, in dem die Beschäftigung von Frauen, umgerechnet in Vollzeitjobs, deutlich abgenommen hat: Österreich. Und das halte ich für eine Schande! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Die Regierungspolitik, die Sie betreiben, verwandelt Vollzeitjobs, von denen Menschen gut leben können, in geringfügige Beschäftigungsverhältnisse, atypische Jobs, Teil­zeitjobs, also alles Beschäftigungen, bei denen man an der Existenzgrenze oder deut­lich darunter leben muss. Und Sie sagen dann sehr gerne, wenn es um die Frauen geht: Die wollen ja solche Jobs!

Zeigen Sie mir eine Frau, die beim Angebot eines gut bezahlten Vollzeitjobs mit einer gut abgesicherten, gut erreichbaren Kinderbetreuung, sagen wir, von 7 Uhr in der Früh bis 20 Uhr (Ruf bei der ÖVP: 24 Stunden wären gleich noch besser!), sagt: Nein, ich hätte lieber eine geringfügige Beschäftigung! – Ihre Argumentation stimmt schlicht und ergreifend nicht! Geben Sie den Frauen gute Rahmenbedingungen! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Eine Gruppe liegt mir noch besonders am Herzen, die Sie noch nicht einmal erwähnt oder registriert haben, glaube ich. Von den jungen Frauen, den unter 25-jährigen Frauen, zählt fast die Hälfte, zählen 44 Prozent zu jenem Bereich, der im Arbeits­marktjargon „so schön“ umschrieben wird mit „am Arbeitsmarkt unzureichend abgesichert“, das heißt zu jenen, die gar keinen Job, sondern nur Gelegenheitsjobs haben und ein Jahresbruttoeinkommen von 1 630 € haben. 1 630 € brutto im Jahr! Das ist die Grundlage, auf der junge Menschen ihre Berufslaufbahn, ihre Familie und ihr weiteres Leben aufbauen sollen, die Grundlage, die Sie ihnen bieten?! Nein, danke!

Werte Herren dieser Bundesregierung, hören Sie auf mit Ihrer Lohndumpingpolitik, Ihrer Steuerdumpingpolitik, Ihrer Beschäftigungsdumpingpolitik! Das Einzige, was Sie gerne dumpen können, ist, sich selber; da möchte ich Ihnen Ihre Selbstbestimmung nicht nehmen! Aber sorgen Sie endlich auf dem Arbeitsmarkt für bessere Perspektiven für junge Menschen, für Frauen, für ältere Menschen – statt immer nur einen Kleister­meisterwettbewerb untereinander auszurufen! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.45


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Matznetter. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


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