Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 140. Sitzung / Seite 227

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Geschlecht anpassen darf, wenn man den ganzen Prozess, beginnend von Hormon­therapie über psychologische Betreuung bis zur geschlechtsumwandelnden Operation, schon durchgemacht hat und wenn einem zum Schluss ein Arzt oder eine Ärztin bestä­tigt: Jetzt bist du auch biologisch im anderen Geschlecht! Also mit den sekundären Körpermerkmalen, soweit es halt geht. Erst dann darf man diese Änderung vorneh­men.

Es gibt aber Menschen, die diese Operation gar nicht machen wollen, die einfach zwi­schen den Geschlechtern leben wollen, die einfach in Kleidung, im Habitus und im Na­men dem anderen Geschlecht angehören wollen und diesen Prozess der Anpassung, der oft Jahre hindurch dauert, gar nicht machen möchten. Für diese Menschen ist es nicht möglich, im Alltag auch den Vornamen des anderen Geschlechts anzunehmen – einen geschlechtsneutralen Namen mittlerweile schon.

Stellen Sie sich einmal vor – und das ist nicht nur etwas für den Fasching, der ist ja mittlerweile vorbei –, ein Mann, der das Gefühl hat, dass er eine Frau ist, geht in Klei­dern einer Frau durchs Leben. – Das ist auch das, was man in diesem Prozess vor der Operation machen muss – diesen Alltagstest. Er fährt mit dem Auto, hat eine Polizei­kontrolle, sitzt als Frau im Auto und muss dann den Führerschein herzeigen, in dem ein männlicher Vorname steht. – Können Sie sich die Reaktion der Polizei vorstellen? Das ist nicht einfach.

Oder ein Vorstellungsgespräch: Man möchte sich um einen Job bewerben, ist nach Geburtenbuch, nach Dokument eine Frau, tritt aber als Mann auf und fühlt sich als Mann. Einen Job zu kriegen, das ist in dieser Situation äußerst schwierig.

Worum es uns Grünen da geht – und es gibt auch mehrere Organisationen, die das ebenfalls wollen –, ist, in Österreich einfach die Möglichkeit zu schaffen, dass der Vor­name nicht dem biologischen Geschlecht des Antragstellers oder der Antragstellerin – also dem, was im Geburtenbuch steht – entsprechen muss. Das ist etwas, das weder etwas kostet, noch sonst irgendwelche Schwierigkeiten bringt. Es würde nur einigen Menschen helfen, im Alltag anerkannter und ohne Ängste leben zu können.

In der aktuellen Ausgabe des „Falter“ ist ein Beitrag über eine Versicherungsmathema­tikerin enthalten, ein als Frau lebender Mensch, der biologisch noch Mann ist. Sie sagt, sie fühlt sich wie eine Krebskranke, die bei jeder Ausweiskontrolle erklären muss, dass sie Krebs hat, weil sie bei jeder Ausweiskontrolle sagen muss, in ihrem Pass steht noch, dass sie ein Mann ist, aber sie fühlt sich und lebt als Frau.

Im einfachsten Fall hat sie mit bösen Blicken zu rechnen, im schlimmsten Fall muss sie mit Konsequenzen im Arbeitsbereich, im Alltagsleben, dort, wo er oder sie wohnt, le­ben.

Ich hoffe sehr, dass es möglich ist, über diesen Antrag eine sachliche Debatte zu füh­ren und tatsächlich eine Erleichterung für diese Menschen zu schaffen – eine Erleichte­rung, die es in anderen Ländern schon gibt, weil einfach der Zwang zur Identifikation mit dem Geschlecht durch den Vornamen nicht da ist.

Das würde einzelnen Personen, einigen Menschen ihr Leben erleichtern. Ich denke, auch dazu sind wir im Hohen Haus da. Es kostet nichts, aber es bringt einigen etwas. Ich hoffe, dass es dazu auch die Zustimmung von Ihnen von den Regierungsparteien geben wird. – Danke. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

21.03


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Fekter. 3 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


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