Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 142. Sitzung / Seite 191

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Aber etwas lässt sich schon ganz deutlich herauslesen, zum Beispiel aus der Chro­nologie der Ereignisse rund um den Diebstahl der „Saliera“. Es gibt da ein Muster: Schuld sind auf jeden Fall immer die anderen! Es war keinesfalls der Direktor des Kunsthistorischen Museums Seipel schuld, aber auch nicht Ministerin Gehrer. – So wenig konsequent die Regierung sonst auch sein mag, von dieser Argumentationslinie lässt sie sich nicht abbringen, nämlich: Wir waschen unsere Hände in Unschuld, die Bösen sind die anderen.

Nach dem Einbruch im Kunsthistorischen Museum im Mai 2003 waren es zunächst internationale Täterbanden, dann war es gar die Kunst-Mafia, die von der Kritik an den sicherheitstechnischen Ausstattungen des Museums ablenken sollte. Dann war es die Burghauptmannschaft, die schuld war an der schlechten Außensicherung des Kunst­historischen Museums. Ja, und nicht zu vergessen, es waren auch noch die dienst­habenden Wachbeamten schuld, denn die haben nach Hunderten von Fehlalarmen nicht rechtzeitig reagiert. Aber jedenfalls nicht schuld war Frau Ministerin Gehrer, nicht schuld war Direktor Seipel.

Dann wurde der Täter gefasst, und es stellte sich heraus, dass er ein Amateur war, keine Erfahrung in der Durchführung von Einbrüchen hatte, dass er keiner Täterbande angehörte und dass er auch nicht in Italien mit der Kunst-Mafia zusammenarbeitete, wo Herr Seipel eigenständig als Möchtegern-Sherlock Holmes unterwegs war.

Als dann auch noch Hofrat Ernst Geiger, der Leiter der „Saliera“-Ermittlungen, meinte, dass auch promptes Reagieren des Wachpersonals den Diebstahl nicht hätte verhin­dern können, brauchte man einen neuen Schuldigen. Wer war dann schuld? – Es bietet sich ja direkt an: die Polizei!

In Interviews hat Museumsdirektor Seipel fabuliert, ganz unglaubliche Dinge hat er von sich gegeben. Er hat gesagt, es hätte Deals gegeben zwischen Täter und Exekutive, und er hat den Eindruck erweckt, als ob das Sonderkommando Wega eine fußmarode Truppe wäre, die ein Baugerüst nicht in eineinhalb Stunden bewältigen würde.

Wieder das gleiche Muster, Sie erkennen es: Schuld sind immer die anderen!

Die Fakten sind andere: Der „Saliera“-Diebstahl war nur deshalb möglich, weil die Sicher­heitsvorkehrungen im KHM nachweislich schlecht waren. Sie wissen, es gab das unbewachte Baugerüst, die Fenster waren nicht alarmgesichert, die Video-Anlage war abgeschaltet, weil es sowieso dunkel und Nacht war, es gab zahlreiche Fehlalarme, die „Saliera“-Vitrine bestand aus Fensterglas, und der Raum war für Skulpturen überhaupt nicht vorgesehen. – Das alles lag in der Verantwortung von Direktor Seipel. Schuld waren also nicht, wie vorher erwähnt, all die anderen.

In der ganzen Causa haben Elisabeth Gehrer als zuständige Ministerin sowie Direktor Seipel nicht nur versucht, ihre Verantwortung wegzuschieben, sondern sie haben auch noch versucht, andere Menschen und andere Institutionen zu beschädigen. – Und da, Frau Innenministerin, hätte ich mir von Ihnen erwartet, dass Sie sich hinter Ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen stellen, und das haben Sie nicht getan.

Interessant war dann die Beantwortung der Anfrage des Kollegen Parnigoni, in der Sie ganz deutlich sagen, die Situation sei eine andere, aber Sie haben sich nicht wirklich öffentlich hinter Ihre Beamten gestellt. Den Exekutivbeamten wurde quasi Amts­missbrauch unterstellt, und da wundert es mich schon sehr, dass Sie nicht einen Aufschrei gemacht, wirklich protestiert und Ihre Beamten geschützt haben.

Aber offensichtlich ist Ihnen das nicht wirklich ein Anliegen, denn in einer Beantwortung einer Anfrage von mir haben Sie das auch gezeigt. Sie haben mich wissen lassen, dass Sie keine Meinung haben zu dem erhöhten Sicherheitsrisiko für Exekutivbeamte und -beamtinnen bei Tempo 160 auf der Autobahn. Ich schließe daraus, es interessiert


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