Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 144. Sitzung / Seite 31

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kommen, dass drei enge Familienangehörige auf drei verschiedene Mitgliedstaaten verteilt werden. – Ich halte das für dringend überarbeitungsbedürftig und harmonisie­rungsbedürftig und frage mich: Wo ist denn hier die Innenministerin in ihrer Ratspräsi­dentschaft? (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Jarolim: Das frage ich mich auch!)

Und schließlich: Es bestehen brennende Probleme mit Flüchtlingstragödien – meine Kollegin Stoisits hat Sie schon darauf angesprochen –, es gibt immer wieder Meldun­gen, wie viele Menschen wieder beim Versuch ums Leben gekommen sind, zum Bei­spiel über das Mittelmeer nach Spanien oder Italien zu kommen. – Das sind Tragödien, das sind zwar keine Hunderttausendschaften, aber menschliches Leid ganz konkret vor der Tür der EU!

Was tut die EU? – Sie steckt den Kopf in den Sand, statt herzugehen und zu schauen: Können wir zumindest menschenwürdige Standards in den Lagern garantieren? Was brauchen wir vor Ort? Wie kann man das gemeinsam besser organisieren?

Außerdem verschließt die EU, verschließen die EU-Staaten sowieso vor einem Zu­kunftsproblem die Augen in ihrer ganzen Abschottungs- und Repressionspolitik, die auch Österreich vorrangig betreibt, nämlich: Wie werden wir uns denn in fünf, zehn oder 15 Jahren positioniert haben, um Einwanderung, die wir brauchen werden – die wir für die Wirtschaftsentwicklung brauchen, die wir für unsere Sozialsysteme brau­chen –, zu regeln und mit Konkurrenten wie den USA irgendwie mithalten zu können, damit Leute aus Südostasien, aus Indien – wo immer her – bevorzugt in die EU ein­wandern wollen und zu uns kommen – Menschen, die wir dann dringend brauchen werden? Wir werden dann nämlich feststellen: Wir haben uns leider einen Ruf aufge­baut, der Abschottung und Fremdenfeindlichkeit signalisiert, und daher will gar nie­mand mehr zu uns kommen – nicht nach Österreich und womöglich auch nicht in die EU. – Hier verschlafen Sie sowieso völlig eine Entwicklung.

Ein letzter Punkt noch, wenn wir von menschlichem Leid und Sicherheit sprechen. Sie sind zwar noch am ehesten motiviert, internationale Kooperationen zur Verfolgung und Bekämpfung von Kriminalität zu betreiben, allerdings haben Sie auch da eine Brille auf. Bestimmte Formen von Kriminalität blenden Sie von vornherein aus; da macht die Brille zu, das sehen Sie nicht. Damit ist der Menschenhandel gemeint, der blüht und gedeiht, der hauptsächlich Frauen betrifft.

Und das ist wieder einmal ein Thema, das Ihnen – Kollege Ellmauer schüttelt den Kopf – nicht wichtig ist. Es geht ja nur um gehandelte Frauen, die gegen ihren Willen verschleppt und entweder zur Hausarbeit oder zur Prostitution gezwungen werden.

Kein Thema für Sie, das erkennt man an der Politik, das erkennt man am Fehlen jed­weder Initiative jetzt während der Ratspräsidentschaft – sei es durch die Innenminis­terin, sei es durch die Justizministerin. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das ist so was von an den Haaren herbeigezogen! Wollen Sie sagen, dass die Justizministerin ... ist? Das ist ja unverschämt!) Und man erkennt es auch an der Gesetzgebung in dem Bereich, die Sie in Österreich machen: Asyl für geschlechtsspezifische Verfolgung – nein, danke! Schutz vor Frauenhandel für die betroffenen Opfer – nein, danke! Schutz vor Verfol­gung ganz generell – muss nicht unbedingt sein! Sie konzentrieren sich auf den Asyl­missbrauch. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Schauen Sie die Frau Justizministerin an und sagen Sie ihr, dass ihr das nicht wichtig ist! Das ist unverschämt!) – Herr Abgeordneter Scheuch, da könnten Sie sich einmal anschauen, wie die Realität aussieht.

In diesem Sinne kann man nur folgendermaßen zusammenfassen: Das, was Sie unter EU-Sicherheitspolitik verstehen, ist eine sehr einseitige Vertretung Ihrer ideologischen Interessen, aber sicher nicht das, was wir EU-weit an Kooperation für mehr Sicherheit brauchen. (Beifall bei den Grünen.)

11.51

 


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