Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 144. Sitzung / Seite 30

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wenden, wenn ein Abgeordneter dieses Hauses, nämlich Herr Abgeordneter Fauland, hier öffentlich am Rednerpult beklagt, dass die Europäische Menschenrechtskonven­tion und die Genfer Flüchtlingskonvention in Österreich im Verfassungsrang stehen.

Soll das heißen, er würde sie gerne mit der einfachen Mehrheit Ihrer Regierung entsor­gen, damit man sich an diese lästigen internationalen Vereinbarungen nicht mehr hal­ten muss, damit man Menschenrechte in Österreich mit einfacher Regierungsmehrheit übergehen kann, wie Sie das ja de facto mit Ihrer Asylgesetzgebung sowieso machen? War das die Absicht, oder wie kommt man sonst auf eine derart verwegene Idee, sich herzustellen und zu bedauern, dass hier Menschenrechtskonventionen im Verfas­sungsrang stehen? – Auch das ist zumindest aufklärungsbedürftig. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Sie haben hier ein Bild gezeichnet oder lassen den Eindruck entstehen, als wäre das große Problem innerhalb der EU, dass wir von Menschenmassen aus allen Erdteilen überrollt werden und kaum noch wissen, wie wir mit denen umgehen sollen. Und das Einzige, was Ihnen als Instrument einfällt, ist Repression, Repression und Repres­sion. – So gehen Sie mit Menschen in Not um.

Wenn man sich die Zahlen anschaut, dann sprechen sie eine ganz andere Sprache. Es gab EU-weit im Jahr 2001 gerundet 439 000 Asylanträge, im letzten Jahr gab es EU-weit – vergleichbare Länder herangezogen – gerundet 238 000 Asylanträge. Es ist also ein dramatischer Rückgang um fast die Hälfte festzustellen. Und noch immer stehen Sie hier und tun so, als wären das allergrößte Problem diese heranströmenden Men­schenmassen, derer die EU nicht habhaft wird. (Abg. Rädler: Verschließen Sie die Augen nicht! Sie verschließen die Augen!)

Sie können offenbar nicht rechnen, wenn Sie mir vorwerfen, ich verschließe angesichts dieser Zahlen die Augen. Ich habe Ihnen gerade nachgewiesen, dass es deutlich weni­ger geworden sind. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Aber immer noch zu viele!)

Das Problem, das tatsächlich besteht, ist: Wie wird mit diesen Menschen, die Asyl be­antragen – ich rede jetzt nur von Menschen, die aus großer Not, aus Lebensgefahr, vor Verfolgung geflüchtet sind und Asyl beantragen –, umgegangen? Gibt es EU-weit ge­meinsame Standards dessen, wie man menschenwürdig mit Flüchtlingen, mit Asylsu­chenden umgeht?

Das, was Frau Ministerin Prokop völlig schuldig geblieben ist, ist, dass sie diesbezüg­lich Initiativen setzt, die in Richtung Harmonisierung des Vollzugs und gleicher Stan­dards gehen. Man bedenke nur, dass zwar in den Richtlinien-Diskussionen Überlegun­gen dahin gehend angestellt wurden, wie man die Schubhaft und gemeinsame Char­ter-Abschiebungen handhabt – dem müsste aber vorausgehen, dass man sich einmal darauf verständigt, wie denn die Standards für die der Abschiebung vorangehende Schubhaft sind. Hiezu gibt es EU-weit den Vorschlag, die Schubhaft auf maximal sechs Monate zu beschränken.

Jetzt verstehe ich schon, warum Ihre Regierung keine Initiative auf europäischer Ebene unternimmt: Nämlich weil Sie in Ihr österreichisches Gesetz hineingeschrieben haben, zehn Monate Schubhaft sind auch okay, weil Sie ja weit hinter dem hinterher­hinken, was EU-weit diskutiert wird.

Bei einem zweiten Bereich glaube ich ebenfalls, dass dringender Harmonisierungsbe­darf besteht. Man braucht sich nur die Aufnahmerichtlinien und das Dubliner Abkom­men anzuschauen, wie das Burden-Sharing funktioniert, also wie die Verteilung der Last – weil Sie ja immer davon ausgehen, dass Asylsuchende eine „Last“ sind – auf die Staatengemeinschaft erfolgen soll. Da kann mit den bestehenden Richtlinien heraus-


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