Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 70

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Dazu habe ich eine ganz konkrete Frage an die Frau Außenministerin, auf die ich bisher keine Antwort gehört habe – wir wissen ja, Österreich führt derzeit die EU-Ratspräsidentschaft –: Hat es von Seiten der Präsidentschaft Vorschläge gegeben, wie dieser Schutz von Menschen vor Agenten ausländischer Geheimdienste, die sich nicht an die Menschenrechte halten, auf der nationalen Ebene gewährleistet werden kann? Ich denke, auch das wäre eine Aufgabe der österreichischen EU-Präsidentschaft, sich nicht nur in Reden vor dem Nationalrat für den Europarat einzusetzen, sondern auch in konkreten Fällen Initiativen zu setzen, wie Menschenrechte gerade in diesem Bereich geschützt werden können. Leider hat es diesbezüglich noch keine Maßnahmen oder keine öffentlichen Aussagen der Bundesregierung gegeben – notwendig wäre das! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Nun zum Antrag, den die Regierungsparteien jetzt mit Unterstützung der Sozial­demokraten eingebracht haben, wo es darum geht, dass die nationalen Parlamente mehr an der Rechtsetzung der Europäischen Union beteiligt sein sollen.

Meine Damen und Herren – und konkret auch an Nationalratspräsidenten Khol gerichtet, der jetzt zumindest nicht im Raum sichtbar ist –, eine Unterstützung von Seiten der Grünen für diesen Antrag gibt es aus zwei Gründen nicht: Der eine ist ein zeitlicher, sozusagen einer des Ablaufs.

Es geht einfach nicht an, dass von Seiten des Nationalratspräsidenten in letzter Zeit – und das passiert des Öfteren, schon letzten Freitag war das so – Vorschläge zu euro­papolitischen Themen gemacht werden, die kurzfristig an die Klubs weitergeleitet werden, und dann wird gesagt, jetzt entscheidet schnell, ob ja oder nein, und dann wird abgestimmt oder wird das weitergeleitet.

Letzte Woche war das so, als auf einmal ein Vorschlag des Nationalratspräsidenten und der Bundesratspräsidentin für die Tagung der nationalen Parlamente und des Europaparlaments im Mai in Brüssel kam, in dem stand, die anderen Parteien dürfen „dissenting opinions“, also abweichende Stellungnahmen, abgeben. Das ist keine Vorgangsweise, Herr Nationalratspräsident! Das ist eine Instrumentalisierung des Parlaments, des Nationalrates für Interessen der Bundesregierung! Zu diesen Dingen gibt es von uns ein klares Nein: So nicht! (Beifall bei den Grünen.)

Jetzt wird dasselbe gemacht: Es wird versucht, die Europaratsdebatte für einen Schritt zu instrumentalisieren, der das Verhältnis zwischen den nationalen Parlamenten und der Europäischen Union verbessern soll, noch dazu mit dem Argument, dass es darum gehe, mehr Nähe zu den Bürgerinnen und Bürgern zu erreichen.

Herr Nationalratspräsident und werte Regierungsfraktionen, Sie könnten das schon längst machen! Im Hauptausschuss des Nationalrates gibt es die Möglichkeit dazu – Art. 23e B-VG, Antrag auf Stellungnahme.

Vor kurzem, am 21. März 2006, gab es einen Antrag von uns betreffend Energie­effizienz auf europäischer Ebene, Ausstieg aus der Atomenergie. Da hat es keine Zustimmung von Ihnen gegeben, keine Bindung des Bundeskanzlers in Brüssel! (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.) Das wären die Möglichkeiten, wo der Nationalrat jetzt schon genau diese Bürgernähe vertreten könnte! Sie tun das nicht, versuchen aber hier, eine Debatte für etwas anderes zu instrumentalisieren, sich die Rosinen aus dem europäischen Verfassungsvertrag für die nationale Ebene heraus­zuholen. Das ist ein Vorwurf an die Regierungsfraktionen: Sie denken hier national, nationalistisch und nicht europäisch! (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

12.38

 


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