Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 150. Sitzung / Seite 209

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men ein eigener Funktionär, oder wie? (Abg. Neudeck: Reden Sie mit mir, Frau Sbur­ny?)

Darüber hinaus gibt es nach wie vor ein Wahlrecht, bei dem quasi ein Urwahlrecht fest­gelegt, wieder einmal einbetoniert wird. Das heißt, es gibt keine direkte Wahl der Gre­mien auf Landes- oder Bundesebene, sondern nach wie vor praktisch eine Hochrech­nung von der untersten Ebene, von den Fachgruppen bis hinauf zur Bundeswirt­schaftskammer. (Abg. Neudeck: Wirtschaftskammer Österreich – Sie sind noch im alten Gesetz!) – Die Wirtschaftskammer Österreich auf der Bundesebene, wenn Sie das zufrieden stellt. – Das ist ungefähr so, wie wenn man das Gemeindewahlergebnis umlegen würde auf das Nationalratswahlergebnis. Das würde vielleicht die ÖVP freuen, kann ich mir vorstellen, würde aber sicher nicht dem Willen der Bevölkerung entsprechen. (Beifall bei den Grünen.)

Auf diese Art und Weise kommt es zu extremen Verzerrungen zwischen Branchen und Ländern, sodass eine Stimme in verschiedenen Ländern völlig unterschiedlich viel wert ist. Eine Stimme bei der Wirtschaftskammerwahl kann bis zu 300 Mal so viel wert sein wie eine andere Stimme. Und das nennen Sie Demokratie?! (Präsidentin Mag. Pram­mer übernimmt den Vorsitz.)

Ein dritter Punkt, der uns auch noch ganz besonders stört, ist, dass es nach wie vor kein passives Wahlrecht für Unternehmer und Unternehmerinnen, also Wirtschafts­kammermitglieder mit nicht-österreichischer Staatsbürgerschaft gibt. Ich halte das deswegen für besonders schade, weil sich die Wirtschaftskammer jenseits davon, dass sie eben demokratisch und offen ist, auch immer als europäisch-offen darstellt und Wirtschaftskammerpräsident Leitl nicht müde wird, alle möglichen guten Kontakte zu pflegen. Das gestehen wir durchaus zu. Warum allerdings dann Unternehmer und Unternehmerinnen in Österreich, nur weil sie keine Staatsbürgerschaft haben, nicht Mitglied bei der Wirtschaftskammer sein sollen ... (Abg. Neudeck: Welche Mitglied­schaft meinen Sie?)

Warum sie nicht passiv wahlberechtigt bei der Wirtschaftskammerwahl sein sollen, ist mir absolut schleierhaft und nicht nachvollziehbar! Eine Begründung finde ich wirklich ganz besonders furchtbar, nämlich die, dass das nur jemand sein darf, in dessen Her­kunftsland demokratische Spielregeln herrschen. Deswegen darf also ein Unterneh­mer, der in Österreich tätig ist, nicht bei der Wirtschaftskammerwahl wählen. (Abg. Neudeck: Wieso darf er nicht wählen?) Das müssen Sie mir erst einmal erklären, was das für einen Hintergrund hat – außer den, zumindest nicht besonders offen zu sein. (Beifall bei den Grünen.)

Was wir also brauchen – und wir bringen dazu auch einen Entschließungsantrag ein –, ist eine radikale Straffung der Strukturen. Wir brauchen moderne, marktorien­tierte Branchencluster und eine komplette Wahlrechtsordnung. Unser Entschließungs­antrag bezieht sich in erster Linie auf diese Wahlrechtsordnung. Wir wollen, dass es eine Direktwahl der Wirtschaftsparlamente nach dem Verhältniswahlrecht gibt, wobei die sieben Sparten sozusagen Wahlkreise sein sollen.

Wir wollen, dass die Zusammensetzung der Spartenkonferenzen und der Fachver­bandsausschüsse landes- und bundesweit nach Stimmenanzahl erfolgt. Und wir wollen unter anderem auch ein passives Wahlrecht für alle Wirtschaftskammermitglieder, und zwar auch für jene mit nicht-österreichischer Staatsbürgerschaft.

Wie gesagt: Diese Änderung ist mit Sicherheit keine Reform, die einem modernen Wirt­schaftsstandort entsprechend würde – und das wird den Herausforderungen der Zeit jedenfalls nicht gerecht. (Beifall bei den Grünen.)

18.04

 


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