Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 152. Sitzung / Seite 13

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Die Frage der Mindeststandards im Sozialbereich, obwohl Soziales nationales Anlie­gen ist, ist etwa in der Arbeitszeitfrage gut gelungen. Über die Dienstleistungsrichtlinie gibt es auch europaweit eine massive Diskussion, da haben sich die europäischen Gewerkschaften zusammengeschlossen. Jetzt müssen wir schauen, dass es da keinen Rückfall in dieser Frage gibt.

Ich erinnere nur an jene Diskussion, die seinerzeit der leider früh verstorbene Alfred Dallinger angeregt hat, nämlich über die Frage der Wertschöpfung, dass wir das, was wir uns an dichtem sozialem Netz geschaffen haben, wahrscheinlich in den nächsten Jahren und Jahrzehnten (Zwischenruf des Abg. Marizzi), lieber Freund, nicht allein an Löhnen und Gehältern anbinden können, sondern dass wir dieses Finanzkapital und die Gewinne auch für die Sicherung der sozialen Netze schlagend machen müssen. Da müssen wir mit dieser Diskussion beginnen, weil es auch dagegen viele Widerstände gibt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ. – Zwischenrufe des Abg. Dr. Puswald.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Jungen formulieren viertens: mehr Teilhabe und Transparenz; wir wollen dabei sein! Ich sehe keine Politikmüdigkeit der jungen Kolleginnen und Kollegen.

Letztendlich erlebe ich mit einer erfrischenden Offenheit eine Wertediskussion – dies im Gegensatz zu allen, die hier mies machen und alles schlecht reden –, auf die wir stolz sein können in Europa, eine Wertediskussion, die zunächst an der Personalität angesiedelt ist, nämlich die Hinwendung zum Einzelnen. Da fällt mir immer das Wort eines deutschen Kardinals ein, der einmal gesagt hat: Jeder Mensch wird als Original geboren, die meisten sterben als Kopien.

Unsere Politik ist dazu da, die Anliegen und die Anlagen des Einzelnen entsprechend zu verdichten. Diese Personalität ist eine Absage an die Vermassung. Und es ist die Subsidiarität. Erst gestern gab es hier im Reichsratssitzungssaal eine hervorragende Initiative, nämlich die Konferenz der Europaausschüsse, und dort hat man erlebt, wie schwierig es ist, unser Modell der Subsidiarität, der Verantwortlichkeit der kleinen Einheit, in ganz Europa unterzubringen und es als gelebtes Modell zu sehen: Verantwortung der kleinen Einheit gegenüber dem Zentralismus, und letztendlich die Solidarität als ein Miteinander gegen den politischen Egoismus.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin zuversichtlich, dass uns das auch gelingen wird, trotz unterschiedlicher Auffassungen, trotz erheblicher Widerstände. Robert Schuman hat bei der Gründung dieser europäischen Einigung ausgeführt: Europa wird nicht an einem Tag entstehen. Aber es wird durch Taten entstehen. An der Arbeit daran – und das ist erfolgreich – hat auch die österreichische Präsidentschaft einen hohen Anteil. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Letztendlich, liebe Kolleginnen und Kollegen, darf ich als einer, der in der gewerk­schaftlichen Szene beheimatet ist und für einen guten gewerkschaftlichen Drive auch in der Zukunft sorgen möchte (Abg. Öllinger: Merkt man nicht!), trotz aller Schwie­rigkeiten, die wir in Österreich haben, auch trotz des Umstandes, dass wir in Europa noch nicht wirklich so profund aufgestellt sind, um die Rolle der Sozialpartner auch tatsächlich hundertprozentig zu übernehmen, sagen: Eines ist wichtig. Vergan­gene Woche hat der Chef des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung, Herr Univ.-Prof. Dr. Aiginger, wieder einmal deutlich gemacht, dass es einen direkten Zusammenhang zwischen einer funktionierenden Sozialpartnerschaft und der Qualität sozialer Sicherheit gibt. Wir haben daran zu arbeiten, dass diese Sozialpartnerschaft trotz aller Brüchigkeit wieder ordentlich mit Leben erfüllt wird, weil es sich lohnt, auch für die kommenden Generationen dieses Lebensmodell Europa, das wir in Österreich


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