Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 153. Sitzung / Seite 36

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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt viele Missstände im Bereich der Sachwalterschaft. Das Interesse an dieser Materie ist auch hier in diesem Haus nicht sehr groß. Erst dann, wenn die Menschen davon betroffen werden, dass sie besach­waltet werden müssen, interessiert es sie. Aber vorher denkt man sich: Na ja, das geht mich eh noch nichts an!

Jedenfalls werden die Sachwalterschaften in einem viel zu großen Ausmaß vergeben. Wird ein Antrag auf Pflegegeld gestellt, muss schon ein Sachwalter bestellt werden. Kommt jemand in ein Pflegeheim: Sachwalterbestellung. Will jemand beim Sozialamt eine Dauerleistung, muss ein Sachwalter bestellt werden. Wird vom Arzt eine PEG-Sonde verordnet, wird ein Sachwalter bestellt – weil es ganz einfach einfacher ist, mit einem Sachwalter zu reden als beispielsweise mit einem alten Menschen, mit dem sich eine schwierigere Gesprächsgrundlage ergibt.

All jene, die die Unterschrift brauchen, oder die Heimleiter sind natürlich glücklich, wenn sie einen Sachwalter als Visavis haben und betreiben natürlich die Sachwalter­schaften.

Neben den gesetzlichen Änderungen, die wir vornehmen, geht mein Appell an die Behörden, an die Pflegeheime, nicht so überschießend von den Sachwalterschaften Gebrauch zu machen, sondern sich mit den betroffenen Menschen selbst auseinander zu setzen.

Beispielsweise die Setzung einer PEG-Sonde ist meiner Meinung nach weder Sache des Gerichtes noch Sache des Sachwalters, sondern das muss ein Arzt entscheiden, und der muss die Verantwortung dafür tragen, weil ja er über die medizinischen und auch über die sonstigen Auswirkungen Bescheid weiß. Da, finde ich, könnte der Sachwalter überhaupt fehlen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Sachwalterschaften sind im Laufe der Jahre enorm ausgedehnt worden, weil sich auch eine andere Lebensform heraus­gebildet hat: Es werden viel mehr Menschen zu Hause betreut und brauchen einen Sachwalter als noch vor einigen Jahren. Deshalb und durch die Praxis der Behörden, die ich schon erwähnt habe, gibt es jetzt viel mehr Sachwalterschaften.

Uns muss klar werden, dass es viel mehr darum geht, jemanden zu unterstützen, als darum, jemanden zu entmündigen.

Ich möchte noch ganz kurz einige wesentliche Punkte erwähnen. Manche Rechts­anwälte und Notare haben derzeit bis zu 800 Betreute. Sie können sich vorstellen, dass die Betreuung nicht gut war und nicht gut sein konnte. Wir haben dezimiert: Er darf in Zukunft höchstens 25 haben. Das wird auch von anderen berufsmäßigen Vertretern gemacht werden. Die Frau Justizministerin hat sich schon eingesetzt und wird um 5 Millionen € mehr zur Verfügung haben.

Wir haben auch eingeführt, dass jeder Sachwalter mindestens einmal im Monat persönlichen Kontakt zum Besachwalteten haben muss und darüber dem Gericht Bericht zu erstatten hat.

Völlig neu und auch dank des Verständnisses des Sektionschefs Dr. Hopf führen wir das Weitergelten der gesetzlichen Vertretung ein. Wenn beispielsweise jemand, der von Geburt an behindert ist, 18 Jahre alt wird, muss er jetzt einen Sachwalter bekommen. Wir führen jetzt ein, dass die gesetzlichen Vertreter – meistens Mutter, Vater – weiter die gesetzliche Vertretung ausüben dürfen. Das bedeutet, dass die Fürsorge im familiären Bereich sehr gestärkt wird.

Diese Angehörigen-Vertretung wurde in der Bundesrepublik Deutschland abgelehnt. Wir sind sehr froh darüber, dass es sie in Österreich gibt.

 


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