Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 154. Sitzung / Seite 58

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Einsätze nur mit einem verpflichtenden UNO-Mandat möglich. (Abg. Scheibner: Sie verschließen die Augen vor Menschenrechtsverletzungen!) – Nein, wir verschließen nicht die Augen vor Menschenrechtsverletzungen. Aber von vornherein zu sagen: Das Völkerrecht gibt es zwar, aber wir gehen davon aus, dass wir es brechen!, das ist der falsche Ansatz. (Beifall bei den Grünen.)

Der zweite Aspekt dieses Volksbegehrens ist das Verlangen einer quasi dezidiert eindeutigen Haltung gegenüber der Türkei, nämlich: Die Türkei darf nie in die Europäische Union kommen, und es muss eine Volksabstimmung über den Beitritt der Türkei in die Europäische Union geben! – Da wird genau das gemacht, was in diesem Fall auch die Regierungsparteien machen, auch die ÖVP, nämlich: Man gibt der österreichischen Bevölkerung zu verstehen, dass die Türkei in den nächsten ein, zwei Jahren der EU beitritt. – Das ist einfach völlig unrealistisch, das ist nicht wahr! Diesen Beitritt wird es, wenn überhaupt, wenn dieser Prozess, den wir auch unterstützen, anhält und auch weitere positive Veränderungen bringt, vielleicht irgendwann, in zehn Jahren, geben. Derzeit schaut es nicht sehr gut aus, da gebe ich manchen Recht, die das kritisieren, aber der Prozess ist wichtig. Aber man sollte jetzt nicht sagen: Dann gibt es eine Volksabstimmung darüber!

Frau Kollegin Baumgartner-Gabitzer, ich gehe wahrscheinlich genauso wie Sie davon aus, dass die ÖVP 2015 nicht mehr an der Regierung sein wird, und ich nehme wohl an, dass das der Grund ist, warum Sie jetzt einen derartigen Antrag nicht einbringen. Es wäre ja möglich. Wenn Sie, wenn Ihr Regierungspartner und sogar die SPÖ für eine Volksabstimmung gegen den Beitritt der Türkei sind, dann bringen Sie doch einen Gesetzesantrag ein! Bringen Sie doch einen Antrag ein, dass Sie irgendwann, wenn es so weit ist, abstimmen wollen!

So machen Sie genau dasselbe, was ich anderen hier vorwerfe: Sie kündigen etwas an, was Sie nicht bereit sind, durchzuführen, weil Sie genau wissen, dass es nicht wirklich einen Sinn macht, jetzt eine Volksabstimmung für 2015 zu beschließen! Also Sie versprechen etwas, wovon Sie wissen, dass Sie es nicht einhalten können und anscheinend auch nicht einhalten wollen, denn sonst würden Sie diesen Antrag wohl einbringen.

Von Seiten der Grünen haben wir uns – auch damals, als es das Volksbegehren der FPÖ gegen Temelín und im Hintergrund gegen Tschechien gegeben hat – dagegen ausgesprochen, Volksabstimmungen über den Beitritt anderer Länder – und das heißt ja auch, über die Menschen in diesen Ländern – zu machen. Ich glaube nicht, dass es in Österreich irgendjemandem gefallen hätte, wenn die EU, als Österreich beitreten wollte, gesagt hätte: Wir stimmen zuerst ab, ob wir Österreich dabei haben wollen oder nicht! – Ich glaube, das wäre der falsche Weg.

Für die Volksabstimmung über die EU-Verfassung gilt etwas anderes. Da sind die Grünen immer für eine europaweite Volksabstimmung eingetreten. Und die war auch im ursprünglichen Verfassungsentwurf drinnen. Herr Staatssekretär Winkler, es war Ihr Bundeskanzler, der im Rat zugestimmt hat, dass das Vorhaben einer europaweiten Volksabstimmung aus dem Konventsentwurf wieder herausgenommen wurde und somit nicht möglich war und ist.

Wenn der Bundeskanzler jetzt sagt, er findet eine europaweite Volksabstimmung gut und richtig, dann freut mich das, ich hätte nur gerne auch während der Präsidentschaft eine Initiative in diese Richtung gesehen. Davon war wie von so vielen anderen Dingen auch nichts zu hören. Worte allein, das wissen wir, sind nicht genug. (Beifall bei den Grünen.) Es bräuchte eine Initiative während dieser Präsidentschaft für diese europa­weite Volksabstimmung. Dann hätten Sie etwas mehr an Glaubwürdigkeit in diesem


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