Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 154. Sitzung / Seite 64

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11.18.13

Abgeordneter Dr. Caspar Einem (SPÖ): Verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Geschätzter Herr Staatssekretär! Erlauben Sie mir zunächst eine Vorbemerkung: Ich hätte nicht gedacht, dass ich Lopatka so einfach zustimmen kann, aber dem, was er am Ende seiner Rede gesagt hat, ist zuzustimmen. Ja, es geht darum, dass wir eine ernsthafte Auseinandersetzung über die Fragen, um die es hier geht, führen. Das sind wir erstens allen Wählerinnen und Wählern und zweitens natürlich auch denen schuldig, die dieses Volksbegehren unterschrieben haben.

Ich möchte auch Frau Baumgartner-Gabitzer zustimmen, die in bemerkenswerter Deutlichkeit darauf hingewiesen hat, dass die Betreiber dieses Volksbegehrens eine Stimmung, Sorgen, Ängste der Menschen in einer Weise ausgebeutet haben, die nicht wirklich verantwortlich ist.

Lassen Sie mich zu allen drei Punkten des Volksbegehrens kurz Stellung nehmen!

Zunächst zur Neutralität. – Die Betreiber des Volksbegehrens, wie wir alle, wissen, dass die Menschen in Österreich nicht in kriegerische Auseinandersetzungen hinein­gezogen werden wollen und daher die Neutralität wollen. Sie wollen auch, dass keine fremden Truppen in Österreich stationiert werden, daher wollen sie auch weiterhin die Neutralität. Diesen harten Kern der Neutralität gilt es aufrechtzuerhalten – und er ist verfassungsgesetzlich gesichert. Ich denke, dazu braucht es die Forderung nach verfassungsgesetzlicher Garantie nicht.

Zweiter Punkt: EU-Verfassung. – Ich denke, dass auch da das österreichische Parla­ment, wie alle anderen Parlamente in der Europäischen Union, sehr gut einbezogen war in die Erarbeitung dessen, was als EU-Verfassung bezeichnet worden ist, was in Wahrheit ein Vertrag ist.

Es waren nicht nur aus allen nationalen Parlamenten Delegierte in den Verfassungs­konvent entsandt, sondern es hat auch parallel zu dem Verfassungskonvent und parallel zur anschließenden Regierungskonferenz die Befassung der zuständigen Aus­schüsse – bei uns des Hauptausschusses – gegeben.

Es hat also eine starke Involvierung der demokratisch legitimierten Vertretung gege­ben, und es hat dann einen Staatsvertrag gegeben, den die 25 Staats- und Regierungschefs miteinander abgeschlossen haben.

Lassen Sie mich, meine sehr geehrten Damen und Herren, auch zur Frage: Wie kann es weitergehen? zwei Worte sagen. – Mein Klubobmann und Parteivorsitzender hat schon deutlich gemacht, dass unsere Priorität einer gesamteuropäischen Volksab­stimmung gilt, und Herr Staatssekretär Winkler hat darauf hingewiesen, dass auch der österreichische Bundeskanzler Schüssel schon gelegentlich diese Forderung erhoben hat.

Wir sollten uns aber dabei über Folgendes im Klaren sein: Eine gesamteuropäische Volksabstimmung setzt eine Verfassungsänderung und eine Änderung des Vertrages von Nizza voraus. Das sollten wir wissen! Aber ob die so ohne weiteres zu bekommen ist, ist sehr fraglich, und zwar nicht nur deshalb, weil es Länder gibt, in welchen Volksabstimmungen von der Verfassung her grundsätzlich nicht vorgesehen sind, wie etwa in Deutschland, sondern auch deshalb, weil in einem Land, in welchem gerade die Abstimmung über die Verfassung negativ ausgegangen ist, das Begehren, nun eine kleine Vertragsänderung zu akzeptieren, in der vorgesehen wird, dass künftig solche Fragen gesamteuropäisch entschieden werden und nicht mehr national, als Ohrfeige für die nationalen Wähler empfunden werden müsste. Die können dem nicht


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