Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 154. Sitzung / Seite 70

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

begehren der FPÖ, an das Anti-Ausländer-Volksbegehren der FPÖ. Jetzt wird das ungehemmt fortgesetzt. – Das als erste Bemerkung.

Jetzt zu den inhaltlichen Punkten des „Strache-Volksbegehrens“.

Ich war Mitglied des Österreich-Konvents und bin jetzt auch Mitglied des Ausschusses, der die Ergebnisse des Österreich-Konvents berät. Die Frage des Neutralitätsgesetzes und der österreichischen Neutralität war selbstverständlich über die eineinhalb Jahre Beratungszeit des Österreich-Konvents Gegenstand dieser Beratungen. Es war im Österreich-Konvent Konsens und ist auch im Besonderen Ausschuss zur Vorberatung des Berichtes des Österreich-Konvents Konsens, dass das Neutralitäts-BVG als so genannter Trabant der österreichischen Bundesverfassung weiter aufrechtbleibt.

Wohlgemerkt: Konsens! Alle Parteien und der Österreich-Konvent insgesamt waren dafür. Auffassungsunterschiede zum Teil erheblicher Natur gibt es in Bezug auf den Artikel 23f B-VG; darüber hat ja der Herr Staatssekretär Winkler schon gesprochen. Dazu haben die Grünen auch eine ganz klare und dezidierte Position, nämlich jene, dass Auslandseinsätze künftig nur mit UN-Sicherheitsratsbeschluss möglich sein sollen.

Das ist ja Kern des Selbstverständnisses der österreichischen Neutralität, und dazu stehen wir nicht nur, sondern diesen Weg werden wir auch weiter verfolgen. (Beifall bei den Grünen.)

Zweiter Punkt: EU-Verfassung und unser Standpunkt dazu. – Die Grünen waren – und sind es noch immer – die erste Partei in Österreich, die zu dieser Frage eine euro­paweite Abstimmung für sinnvoll gehalten haben und immer noch halten. Jetzt ist – aus meiner persönlichen Sicht bedauerlicherweise – die europäische Verfassung und ihre Weiterentwicklung – wie soll man das nennen?; ins Stocken geraten ist vielleicht noch ein bisschen freundlich gesagt – zum Stehen gekommen. Diese Beratungen stehen, und – darüber hat ja auch der Herr Staatssekretär schon gesprochen – über das weitere Vorgehen gibt es alles andere als einen Konsens auch hinsichtlich der Frage, ob es bei einer Veränderung des Verfassungsvertrages – es hat ja auch der Abgeord­nete Einem erwähnt: Nizza-Vertrag und Veränderungen – zu einer europaweiten Abstimmung kommen sollte, falls sich, jetzt aus österreichischer Sicht gesprochen, die Europäische Verfassung im Wesentlichen ändert.

Wir haben den Verfassungsvertrag hier im Nationalrat mit sehr, sehr großer Mehrheit ratifiziert, und ich glaube mich zu erinnern: mit allen Stimmen, außer den Stimmen von Rosenkranz und Bösch. Und das ist eine mehr als deutliche und eindeutige Meinungsäußerung in Form der repräsentativen Demokratie, getätigt durch die Abgeordneten des Nationalrates.

Dritter Punkt: Beitritt der Türkei und Volksabstimmung. – Und das ist, wenn Sie so wollen, das mir am meisten am Herzen liegende Thema. Dieses FPÖ-Volksbegehren hat in der Öffentlichkeit den Eindruck erweckt, als ob – lassen Sie es mich so sagen – diese Frage der Integration der Türkei in Europa irgendwie so eine Brüsseler Ver­schwörung wäre. Und die Instrumentalisierung der österreichischen Bevölkerung durch ein Volksbegehren hat einen ganz eindeutigen und klaren Hintergrund gehabt, nämlich Ressentiments gegenüber Menschen türkischer Herkunft in Österreich zu schüren.

Und da ist das Volksbegehren, meine Damen und Herren, und das sage ich tief betrübt, aufgegangen. Das war der Startschuss zur Situation, wie wir sie heute haben: Ressentiments gegenüber Menschen türkischer Herkunft, Ressentiments gegenüber Muslimen sind seit diesem – ich sage dezidiert: widerlichen – Volksbegehren einge­sickert und haben sich wie Kletten ausgebreitet in andere politische Parteien. Und die Diskussion und die Stimmung zu diesen Punkten in den letzten Wochen waren


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite