Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 157. Sitzung / Seite 10

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Der Dringliche Antrag hat folgenden Wortlaut:

Begründung

Eine Sondersitzung zum Thema ORF ist eine höchst ungewöhnliche Themensetzung für den Nationalrat. Dies kann nur durch höchst ungewöhnliche Umstände gerechtfer­tigt werden. Die laufende öffentliche Debatte über die Gefährdung der Unabhängigkeit und Objektivität des ORF zeigt aber, dass dringender Handlungsbedarf besteht, um diese so wichtigen Grundsätze sicherzustellen.

Im Jahr 1964 haben 832.353 Österreicherinnen und Österreicher das erste aller Volks­begehren in der Zweiten Republik unterzeichnet. 1966 entstand das Rundfunkgesetz auf der Basis dieses Volksbegehrens. Für die weitere Entwicklung des Österreichi­schen Rundfunks war die große Volksbewegung von zentraler Bedeutung.

832.535 Bürgerinnen und Bürger sprachen sich damals gegen die ungehemmte Kon­trolle und die Knebelung der freien Berichterstattung durch die politischen Parteien so­wie gegen eine ausschließlich proporzorientierte Personalpolitik im ORF aus. Ziel des Volksbegehrens war nicht mehr und nicht weniger, als ein von Parteien und Regierung unabhängiger „Öffentlich-Rechtlicher“, der frei und ohne parteipolitische Einflussnahme berichten, recherchieren und thematisieren sollte.

Unter dem ÖVP-Bundeskanzler Josef Klaus wurde der ORF auch tatsächlich mit dem Rundfunkgesetz 1966 in die Unabhängigkeit entlassen. Damit wurde der Grundstein für eines der angesehensten Unternehmen des Landes gelegt, welches mit großem Er­folg „Österreich in die Welt“ und die „Welt den ÖsterreicherInnen“ vermittelte.

Im Zentrum des heute geltenden ORF-Gesetzes stehen klare Regelungen über die Grundsätze der Unabhängigkeit und Objektivität:

§ 1 Abs. 3:

„Der Österreichische Rundfunk hat bei Erfüllung seines Auftrages auf die Grundsätze der österreichischen Verfassungsordnung [...] sowie auf den Grundsatz der Freiheit der Kunst Bedacht zu nehmen und die Sicherung der Objektivität und Unparteilichkeit der Berichterstattung, der Berücksichtigung der Meinungsvielfalt und der Ausgewogenheit der Programme sowie die Unabhängigkeit von Personen und Organen des Österreichi­schen Rundfunks, die mit der Besorgung der Aufgaben des Österreichischen Rund­funks beauftragt sind, gemäß den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zu gewähr­leisten.“

§ 4 Abs. 5:

„Der Österreichische Rundfunk hat bei Gestaltung seiner Sendungen weiters für

1. eine objektive Auswahl und Vermittlung von Informationen in Form von Nachrichten und Reportagen einschließlich der Berichterstattung über die Tätigkeit der gesetzge­benden Organe und gegebenenfalls der Übertragung ihrer Verhandlungen;

2. die Wiedergabe und Vermittlung von für die Allgemeinheit wesentlichen Kommenta­ren, Standpunkten und kritischen Stellungnahmen unter angemessener Berücksichti­gung der Vielfalt der im öffentlichen Leben vertretenen Meinungen;

3. eigene Kommentare, Sachanalysen und Moderationen unter Wahrung des Grund­satzes der Objektivität zu sorgen.“

§ 4 Abs. 6:

„Unabhängigkeit ist nicht nur Recht der journalistischen oder programmgestaltenden Mitarbeiter, sondern auch deren Pflicht. Unabhängigkeit bedeutet Unabhängigkeit von


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