Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 157. Sitzung / Seite 11

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Staats- und Parteieinfluss, aber auch Unabhängigkeit von anderen Medien, seien es elektronische oder Printmedien, oder seien es politische oder wirtschaftliche Lobbys.“

§ 10 Abs. 5:

„Die Information hat umfassend, unabhängig, unparteilich und objektiv zu sein. Alle Nachrichten und Berichte sind sorgfältig auf Wahrheit und Herkunft zu prüfen, Nach­richt und Kommentar deutlich voneinander zu trennen.“

Von den Zielsetzungen dieser historischen Errungenschaft seines Amtsvorgängers Klaus, nämlich einem „unabhängigen ORF“, hat sich der heutige Bundeskanzler und ÖVP-Parteiobmann Wolfgang Schüssel aber längst verabschiedet.

Längst geht es nicht nur um „Missstände“ im ORF. Es geht nicht nur um die ORF-Ge­neraldirektorin Monika Lindner, die es sich nicht nehmen ließ, bei einer ÖVP-Wahlver­anstaltung in der zweiten Reihe zu sitzen und dem ÖVP-Parteiobmann für seine Aus­führungen begeisterten Applaus zu spenden. Es geht auch nicht nur um den im Stil eines ÖVP-Generalsekretärs agierenden Chefredakteur des ORF-Fernsehens, Werner Mück. Es geht längst um die Besitzergreifung des ORF durch die ÖVP. Genau dieser Tage hat sich zum Beispiel der ÖVP-Landeshauptmann Erwin Pröll zu Wort gemeldet und die Geschäftsführung des ORF beurteilt: Lindner sei kein Problem. Aber: „Ich rate ihr nur, ihre Führungsmannschaft zu überdenken. Ich würde auf alle Fälle Direktor Kurt Rammerstorfer auswechseln und auch noch eine andere Reihe von Vorstandsdirekto­ren", so Pröll („trend“ Nr. 7-8/06 vom 01.07.2006). Sie möge also die Mitglieder der Ge­schäftsführung ÖVP-konform austauschen, wenn sie von der ÖVP wieder gewählt werden wolle, so die unmissverständliche Botschaft.

Das Ziel dieser Politik ist es offenbar, die von der ÖVP betriebene ORF-Politik der letz­ten Jahre fortzusetzen und zu verstärken: Politische Interventionen der ÖVP sind dabei nur mehr beschränkt notwendig, weil Personen direkt in die Führungsfunktionen des ORF gehievt werden, die sich der ÖVP-Politik verpflichtet fühlen.

Darüber hinaus verzeichnen – als „Seismographen“ der öffentlichen Meinung – über­parteiliche Initiativen immensen Zulauf, wenn sie Alarm schlagen und „SOS ORF“ rufen. Dies nicht zuletzt auch deshalb, weil die seinerzeit als unerträglich empfundene Proporzwelt des ORF einer noch unerträglicheren Ein-Parteien-Welt der ÖVP gewi­chen ist. Um eine berühmt gewordenen Rede eines ORF-Mitarbeiters abzuwandeln: „Das Gleichgewicht des Schreckens ist zerbrochen, nur mehr der Schrecken ist geblie­ben.“

Offenkundig ist aber auch, dass sich der Vorwurf der parteipolitischen Einflussnahme und versuchten Manipulation zurecht nicht gegen die RedakteurInnen des ORF richtet, die trotz des Drucks der Geschäftsführung um Objektivität bemüht sind und entspre­chenden Widerstand leisten, sondern ausschließlich gegen das von der ÖVP einge­setzte Führungsteam des ORF.

Sobald diese inakzeptable Entwicklung des ORF thematisiert wird, folgt zumeist der Einwand, dass es eine politische Einflussnahme auf den ORF immer gegeben habe. Das mag sein. Aber es geht immer noch um den Grad der Einflussnahme, um die Mög­lichkeiten, die Berichterstattung direkt oder indirekt zu steuern, den brutalen Zugriff auf Posten und Ressourcen und vor allem darum, dass ohne Rücksicht auf den „Öffentli­chen Auftrag“ und das „Redakteursstatut“ regelmäßig regierungskritische Recherchen und Sendungen einfach „verhindert“ werden.

Jetzt, wo genau diese Zustände und Umstände auch „aktenkundig“ geworden sind, wurde der Boden des Rundfunkvolksbegehrens und damit auch ein nationaler Konsens verlassen. Genau in dieser Situation, in der in einer breiten Öffentlichkeit gravierende Missstände im ORF diskutiert werden, in der bekannt wird, wie Führungskräfte kritische


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