Staats- und Parteieinfluss, aber auch Unabhängigkeit
von anderen Medien, seien es elektronische oder Printmedien, oder seien es
politische oder wirtschaftliche Lobbys.“
§ 10 Abs. 5:
„Die Information hat umfassend, unabhängig,
unparteilich und objektiv zu sein. Alle Nachrichten und Berichte sind
sorgfältig auf Wahrheit und Herkunft zu prüfen, Nachricht und
Kommentar deutlich voneinander zu trennen.“
Von den Zielsetzungen dieser historischen Errungenschaft
seines Amtsvorgängers Klaus, nämlich einem „unabhängigen
ORF“, hat sich der heutige Bundeskanzler und ÖVP-Parteiobmann
Wolfgang Schüssel aber längst verabschiedet.
Längst geht es nicht nur um
„Missstände“ im ORF. Es geht nicht nur um die ORF-Generaldirektorin
Monika Lindner, die es sich nicht nehmen ließ, bei einer ÖVP-Wahlveranstaltung
in der zweiten Reihe zu sitzen und dem ÖVP-Parteiobmann für seine Ausführungen
begeisterten Applaus zu spenden. Es geht auch nicht nur um den im Stil eines
ÖVP-Generalsekretärs agierenden Chefredakteur des ORF-Fernsehens,
Werner Mück. Es geht längst um die Besitzergreifung des ORF durch die
ÖVP. Genau dieser Tage hat sich zum Beispiel der ÖVP-Landeshauptmann
Erwin Pröll zu Wort gemeldet und die Geschäftsführung des ORF
beurteilt: Lindner sei kein Problem. Aber: „Ich rate ihr nur, ihre
Führungsmannschaft zu überdenken. Ich würde auf alle Fälle
Direktor Kurt Rammerstorfer auswechseln und auch noch eine andere Reihe von
Vorstandsdirektoren", so Pröll („trend“ Nr. 7-8/06
vom 01.07.2006). Sie möge also die Mitglieder der Geschäftsführung
ÖVP-konform austauschen, wenn sie von der ÖVP wieder gewählt
werden wolle, so die unmissverständliche Botschaft.
Das Ziel dieser Politik ist es offenbar, die von der
ÖVP betriebene ORF-Politik der letzten Jahre fortzusetzen und zu
verstärken: Politische Interventionen der ÖVP sind dabei nur mehr
beschränkt notwendig, weil Personen direkt in die Führungsfunktionen
des ORF gehievt werden, die sich der ÖVP-Politik verpflichtet fühlen.
Darüber hinaus verzeichnen – als
„Seismographen“ der öffentlichen Meinung –
überparteiliche Initiativen immensen Zulauf, wenn sie Alarm schlagen
und „SOS ORF“ rufen. Dies nicht zuletzt auch deshalb, weil die
seinerzeit als unerträglich empfundene Proporzwelt des ORF einer noch
unerträglicheren Ein-Parteien-Welt der ÖVP gewichen ist. Um eine
berühmt gewordenen Rede eines ORF-Mitarbeiters abzuwandeln: „Das
Gleichgewicht des Schreckens ist zerbrochen, nur mehr der Schrecken ist geblieben.“
Offenkundig ist aber auch, dass sich der Vorwurf der
parteipolitischen Einflussnahme und versuchten Manipulation zurecht nicht gegen
die RedakteurInnen des ORF richtet, die trotz des Drucks der
Geschäftsführung um Objektivität bemüht sind und entsprechenden
Widerstand leisten, sondern ausschließlich gegen das von der ÖVP
eingesetzte Führungsteam des ORF.
Sobald diese inakzeptable Entwicklung des ORF
thematisiert wird, folgt zumeist der Einwand, dass es eine politische
Einflussnahme auf den ORF immer gegeben habe. Das mag sein. Aber es geht immer
noch um den Grad der Einflussnahme, um die Möglichkeiten, die
Berichterstattung direkt oder indirekt zu steuern, den brutalen Zugriff auf
Posten und Ressourcen und vor allem darum, dass ohne Rücksicht auf den
„Öffentlichen Auftrag“ und das
„Redakteursstatut“ regelmäßig regierungskritische Recherchen
und Sendungen einfach „verhindert“ werden.
Jetzt, wo genau diese Zustände und Umstände auch „aktenkundig“ geworden sind, wurde der Boden des Rundfunkvolksbegehrens und damit auch ein nationaler Konsens verlassen. Genau in dieser Situation, in der in einer breiten Öffentlichkeit gravierende Missstände im ORF diskutiert werden, in der bekannt wird, wie Führungskräfte kritische