Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 158. Sitzung / Seite 60

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Das war nicht bloß geschickte Inszenierung, statt großartig zu sein, wie es leicht abfäl­lig ein führendes deutsches Blatt nannte. Für Österreich kam es darauf an, zu zeigen, dass ein kleines Land in der Durchführung der Präsidentschaft den großen nicht nach­steht, kam es darauf an, zu zeigen, dass Wien wunderschön und zu Recht internatio­naler Sitz und bedeutende Kongressstadt ist, war es wichtig, über Wien hinaus die Vielfalt des ganzen Landes und auch die anderen Städte zu präsentieren.

Ein Tourismusland lebt von seinem Bild in der Welt, lebt davon, dass Gastfreundschaft, Schönheit, Charme und angenehme Atmosphäre verbunden mit Professionalität ver­mittelt werden, und das ist durch den Vorsitz gut gelungen, wie auch schon beim ers­ten Mal, als Österreich den Vorsitz hatte.

Es hat aber auch Überinszenierungen, zu viel Selbstdarstellung und Übertreibungen gegeben: Das Café d’Europe wäre so ein Beispiel im Veranstaltungsbereich, die etwas übertriebenen Vorkehrungen beim Bush-Besuch eines im Sicherheitsbereich.

Hohes Haus! Eine gute Organisation hat ihren Preis. Aber es ist bedauerlich, dass wir noch keine wirkliche Aufstellung über die Kosten erhalten haben. Der Bundeskanzler hat heute hier eine Zahl genannt, die Außenministerin vor kurzer Zeit eine andere. In Wirklichkeit sind wir bezüglich der Kosten auf die Beantwortung unserer schriftlichen Anfragen angewiesen. Wir wollen wirklich nicht – ich weiß gar nicht, ob es den Begriff überhaupt schon gibt – Cent-Fuchserei betreiben und wir wissen auch, dass den Aus­gaben Marketingwert, Imagegewinn und Umwegrentabilität gegenüberstehen, dennoch muss man auch die Kosten kennen, um Angemessenheit, Budgetierungsqualität und auch Kosten-Nutzen-Relation transparent zu machen. Darauf haben nicht nur wir Par­lamentarier, sondern hat auch die Öffentlichkeit ein Recht. Und: Wer die wirklichen Kosten nicht nennt, wird sich Vermutungen gefallen lassen müssen. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt den Vorsitz.)

Was das Inhaltliche betrifft, ist zu sagen: Gut gewählt war der außenpolitische Schwer­punkt Westbalkan, Südosteuropa. Hier hat Österreich Kompetenz und Erfahrung und die konnten wir auch wirklich einbringen. Bei den vom Bundeskanzler so genannten Großbaustellen, da war es so wie bei den meisten Großbaustellen in der Wirklichkeit. Das meiste wurde nicht zeitgerecht fertig. Bei der Dienstleistungsrichtlinie konnte zwar auf Basis der Vorarbeiten im Europäischen Parlament ein Kompromiss erzielt werden, bei der Wegekostenrichtlinie wurde auf die bestehende Lösung aufgebaut, wobei die wichtige Frage der Einberechnung der externen Kosten, also Schäden an Gesundheit und Umwelt durch Güterverkehr, auf die Kommission und die nächsten Jahre verlagert wurde.

Teilerfolge gab es bei der finanziellen Vorschau und der Subsidiarität. Die Verfassung wurde zwar für untot erklärt, aber das Zieldatum 2009 des Treffens in Klosterneuburg fand dann leider nicht Eingang in die Schlussfolgerungen des Gipfels.

Bei Wachstum und Beschäftigung setzte sich der Frühjahrsgipfel ein unambitioniertes Ziel, das voraussichtlich allein durch die verbesserte Wirtschaftslage schon erreicht wird. Bei Arbeitszeitrichtlinien und Alpenkonvention ist nichts wirklich weitergegangen. Die großen Ankündigungen in den Bereichen Frauenpolitik, Tierschutz, Entwicklungs­politik sowie Forschung und Entwicklung sind zum Teil Ankündigungen geblieben.

Wenn wir uns also den großen Fragen, den Lebensfragen der EU zuwenden, also Europäische Union als Schutz gegen die negativen Auswirkungen der Globalisierung, Europäische Union als soziales Projekt, Europäische Union als demokratisches Pro­jekt, als Bürgerprojekt, und wenn wir uns mit den Fragen der weiteren Entwicklung der Union beschäftigen, dann kann man von einem einzelnen Präsidentschaftssemester sicher nicht Gesamtlösungen erwarten; klare Erklärungen und deutliche Schritte aller­dings schon.

 


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