Das war nicht bloß geschickte Inszenierung, statt großartig zu sein, wie es leicht abfällig ein führendes deutsches Blatt nannte. Für Österreich kam es darauf an, zu zeigen, dass ein kleines Land in der Durchführung der Präsidentschaft den großen nicht nachsteht, kam es darauf an, zu zeigen, dass Wien wunderschön und zu Recht internationaler Sitz und bedeutende Kongressstadt ist, war es wichtig, über Wien hinaus die Vielfalt des ganzen Landes und auch die anderen Städte zu präsentieren.
Ein Tourismusland lebt von seinem Bild in der Welt, lebt davon, dass Gastfreundschaft, Schönheit, Charme und angenehme Atmosphäre verbunden mit Professionalität vermittelt werden, und das ist durch den Vorsitz gut gelungen, wie auch schon beim ersten Mal, als Österreich den Vorsitz hatte.
Es hat aber auch Überinszenierungen, zu viel Selbstdarstellung und Übertreibungen gegeben: Das Café d’Europe wäre so ein Beispiel im Veranstaltungsbereich, die etwas übertriebenen Vorkehrungen beim Bush-Besuch eines im Sicherheitsbereich.
Hohes Haus!
Eine gute Organisation hat ihren Preis.
Aber es ist bedauerlich, dass wir noch keine wirkliche Aufstellung über
die Kosten erhalten haben. Der Bundeskanzler hat heute hier eine Zahl genannt,
die Außenministerin vor kurzer Zeit eine andere. In Wirklichkeit sind wir
bezüglich der Kosten auf die Beantwortung unserer schriftlichen Anfragen
angewiesen. Wir wollen wirklich nicht – ich weiß gar nicht, ob
es den Begriff überhaupt schon gibt – Cent-Fuchserei betreiben
und wir wissen auch, dass den Ausgaben Marketingwert, Imagegewinn und
Umwegrentabilität gegenüberstehen, dennoch muss man auch die Kosten
kennen, um Angemessenheit, Budgetierungsqualität und auch
Kosten-Nutzen-Relation transparent zu machen. Darauf haben nicht nur wir Parlamentarier,
sondern hat auch die Öffentlichkeit ein Recht. Und: Wer die wirklichen
Kosten nicht nennt, wird sich Vermutungen gefallen lassen müssen. (Präsidentin
Mag. Prammer übernimmt den Vorsitz.)
Was das Inhaltliche
betrifft, ist zu sagen: Gut gewählt war der außenpolitische Schwerpunkt
Westbalkan, Südosteuropa. Hier hat Österreich Kompetenz und Erfahrung
und die konnten wir auch wirklich einbringen. Bei den vom Bundeskanzler so
genannten Großbaustellen, da war es so wie bei den meisten
Großbaustellen in der Wirklichkeit. Das meiste wurde nicht zeitgerecht
fertig. Bei der Dienstleistungsrichtlinie konnte zwar auf Basis der Vorarbeiten
im Europäischen Parlament ein Kompromiss erzielt werden, bei der
Wegekostenrichtlinie wurde auf die bestehende Lösung aufgebaut, wobei die
wichtige Frage der Einberechnung der externen Kosten, also Schäden an
Gesundheit und Umwelt durch Güterverkehr, auf die Kommission und die
nächsten Jahre verlagert wurde.
Teilerfolge gab es
bei der finanziellen Vorschau und der Subsidiarität. Die Verfassung wurde
zwar für untot erklärt, aber das Zieldatum 2009 des Treffens in
Klosterneuburg fand dann leider nicht Eingang in die Schlussfolgerungen des
Gipfels.
Bei Wachstum und
Beschäftigung setzte sich der Frühjahrsgipfel ein unambitioniertes
Ziel, das voraussichtlich allein durch die verbesserte Wirtschaftslage schon
erreicht wird. Bei Arbeitszeitrichtlinien und Alpenkonvention ist nichts
wirklich weitergegangen. Die großen Ankündigungen in den Bereichen
Frauenpolitik, Tierschutz, Entwicklungspolitik sowie Forschung und
Entwicklung sind zum Teil Ankündigungen geblieben.
Wenn wir uns also
den großen Fragen, den Lebensfragen der EU zuwenden, also Europäische
Union als Schutz gegen die negativen Auswirkungen der Globalisierung,
Europäische Union als soziales Projekt, Europäische Union als
demokratisches Projekt, als Bürgerprojekt, und wenn wir uns mit den
Fragen der weiteren Entwicklung der Union beschäftigen, dann kann man von
einem einzelnen Präsidentschaftssemester sicher nicht Gesamtlösungen
erwarten; klare Erklärungen und deutliche Schritte allerdings schon.