Sie haben versucht, und das wäre im Prinzip ja nicht schlecht, geistig abnorme Rechtsbrecher nicht nur in Justizanstalten zu therapieren und zu behandeln, sondern auch in einer Allgemeinpsychiatrie, unabhängig von Justizstrafanstalten.
Punkt 1: „Geistig abnormer Rechtsbrecher“ oder „geistig abnorme Rechtsbrecherin“ ist ein Ausdruck, den ich gerne anders formuliert hätte. Wenn ich „geistig abnorm“ bin – und auch „abnorm“ ist kein glücklicher Ausdruck –, kann ich de facto nur sehr schwer Recht brechen, weil ich krank bin. Das sollte man, glaube ich, schon etwas diffiziler überdenken.
Zweitens würde es Sinn machen, die Betreffenden aus Justizanstalten herauszunehmen, weil sie dort aufgrund ihrer Krankheit de facto fehl am Platz sind und die Betreuung dort auch eine Diskussion in der Öffentlichkeit wert wäre. Dort nur einige Psychotherapeuten, einige Psychiater einzustellen, die eine wirkliche Therapie und Betreuung aufgrund schlechter Ressourcen nicht bewältigen können, ist eine Feigenblatt-Politik und für die dort sitzenden und liegenden PatientInnen kein Vergnügen und keine reale Chance, sich bessern zu können oder gesund zu werden.
Drittens zeigen ausländische Beispiele, zum Beispiel Italien, dass das ohne die entsprechenden Begleitmaßnahmen nicht machbar ist. Der berühmte Psychiater Basaglia wollte die großen psychiatrischen Ghettos schließen und die PatientInnen hinaus in ihre Städte, Landgemeinden, Dörfer bringen – eine wunderbare, eine sehr gute Idee. Man hat aber damals in diesem „Modell Triest“ übersehen, dass es auch dort Ressourcen braucht: in den Städten, in den Gemeinden, in den Ländern und Regionen. Leute einfach aus der Psychiatrie zu entlassen und sich selbst zu überlassen ist nicht das Gelbe vom Ei.
Daher sehe ich auch diesen Punkt bei Ihnen kritisch. So gut es wäre, die PatientInnen hinauszuführen in die regulären Psychiatrien, so schlecht ist es, diese Psychiatrien nicht dafür auszustatten, um das auch bewältigen zu können. Wenn Sie das tun, wenn das gesichert ist, haben Sie natürlich meine Stimme.
Weiters wäre es nicht schlecht – obwohl es ein makabres Beispiel österreichisch-deutscher Zusammenarbeit ist –, einen entsprechenden Beschluss bezüglich Braunau und Simbach herbeizuführen. Es wäre gut gewesen, das zu beschließen, aber Sie haben das in eine Materie verpackt, die eine differenzierte Abstimmung letztlich verunmöglicht hat. Man müsste einmal darüber reden, ob es hier nicht andere Möglichkeiten gäbe.
Was mir nicht gefällt, demokratiepolitisch nicht gefällt, ist, dass Sie zu „freundlich“ waren zu Teilen der Ärztekammer, sodass bei Wahlen in leitende Organe der angestellten Kurie es ein Verein der Primarärzte geschafft hat, dass ein Primararzt kraft seines Amtes, kraft seines Titels automatisch – ich sage es jetzt juridisch ungenau – in den Vorstand gekommen ist, ohne dafür gewählt zu werden. Diesem Verein sitzt Ex-Staatssekretär Waneck vor, der sage und schreibe mit seinen Kollegen, die bei mir waren, behauptet, das geschehe zum Wohle Österreichs. Sie seien die Wissenden, und die Wissenden müssten verankert werden. – Gestatten Sie mir, dass ich da Bedenken anmelde.
Bezüglich der Gesundheit Österreich GmbH war ich immer der Meinung, dass ein Ministerium stark sein soll und auch Kompetenzen haben soll, auch wissenschaftlicher Natur. Diese ganze Auslagerungsmaschinerie, um Maastricht-Kriterien zu erfüllen oder Budgetkosmetik oder BeamtInnenkosmetik zu betreiben, halte ich langsam für grotesk, wenn alles zugekauft werden muss von Gesellschaften, die wiederum natürlich im Einflussbereich bestimmter Parteien stehen können, deren Geschäftsführer bestellt werden. Dass hier Misstrauen in dieser Legislaturperiode entstanden ist, mögen Sie mir