Mit Erkenntnis vom 13.
Dezember 2001, G 213/01 ua., VfSlg. 16.404/2001, hat der Verfassungsgerichtshof
eine Wortfolge in § 2 Abs. 1 Z 2 des Volksgruppengesetzes (im Folgenden:
VoGrG) als verfassungswidrig aufgehoben.
Um der
Staatszielsbestimmung des Art. 8 Abs. 2 B VG verstärkt Rechnung zu tragen,
eine dem Staatsvertrag von Wien (im Folgenden: StV Wien), insbesondere dessen
Art. 7, entsprechende Regelung zu treffen und den zuständigen
Behörden eine klare Grundlage für die Vollziehung zur Verfügung
zu stellen, soll das Volksgruppengesetz novelliert werden.
Zu Z 1 (Titel):
Durch Z 1 sollen der
Gesetzestitel neu gefasst und diesem eine Abkürzung angefügt werden
(vgl. die RL 101 und 103 der Legistischen Richtlinien 1990).
Zu Z 2 (§ 2 Abs.
1), Z 3 (§§ 2a bis 2c), Z 4 (§ 2d), Z 10 (§ 12 Abs. 1 und
2) und Z 15 (Anlage):
Vor der unter BGBl. I
Nr. 35/2002 kundgemachten, mit Ablauf des 31. Dezember 2002 in Kraft getretenen
Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof (Erkenntnis vom 13. Dezember 2001, G
213/01 ua., VfSlg. 16.404/2001), lautete § 2 Abs. 1 Z 2 VoGrG:
„Durch Verordnungen der Bundesregierung im Einvernehmen mit dem
Hauptausschuß des Nationalrates sind nach Anhörung der in Betracht
kommenden Landesregierung festzulegen: 1. []. 2. Die Gebietsteile, in
denen wegen der verhältnismäßig beträchtlichen Zahl (ein
Viertel) der dort wohnhaften Volksgruppenangehörigen topographische
Bezeichnungen zweisprachig anzubringen sind. 3. []“. Die Wortfolge
„wegen der verhältnismäßig beträchtlichen Zahl (ein
Viertel) der dort wohnhaften Volksgruppenangehörigen“ wurde vom
Verfassungsgerichtshof wegen Widerspruchs zu Art. 7 Z 3 StV Wien aufgehoben.
§ 2 Abs. 1 VoGrG lautet daher nunmehr wie folgt: „Durch Verordnungen
der Bundesregierung im Einvernehmen mit dem Hauptausschuß des Nationalrates
sind nach Anhörung der in Betracht kommenden Landesregierung festzulegen:
1. [] 2. Die Gebietsteile, in denen topographische Bezeichnungen
zweisprachig anzubringen sind. 3. []“. Ein bestimmter Prozentsatz
von Volksgruppenangehörigen, der die Anbringung zweisprachiger
topographischer Bezeichnungen erfordern würde, ist in § 2 VoGrG nicht
mehr festgelegt.
Die Frage, wann ein
Verwaltungsbezirk mit gemischter Bevölkerung im Sinne des Art. 7 Z 3 StV
Wien vorliegt, kann auf Grund einer Interpretation dieser Bestimmung nicht
eindeutig beantwortet werden (vgl. auch Kolonovits, Art. 7 Z 2-4 StV Wien, in:
Korinek/Holoubek, Bundesverfassungsrecht Rz 91 [2005]: „[E]in eindeutiger
Prozentsatz [kann] weder dem Art 7 Z 3 StV Wien noch sonst dem
Völkerrecht auf rein erkenntnismäßigem Weg entnommen
werden“). Bei der Ausführung der Staatsvertragsbestimmung
besteht daher ein Gestaltungsspielraum der Gesetzgebung (vgl. auch dazu
Kolonovits, aaO Rz 58).
Insbesondere
lässt sich weder aus Art. 7 Z 3 StV Wien noch aus der
völkerrechtlichen Praxis ein bestimmter Minderheitenprozentsatz ableiten,
der für das Vorliegen einer „gemischten Bevölkerung“
maßgeblich ist; die Bandbreite in der internationalen Praxis bewegt sich
in etwa zwischen 5 und 25% (vgl. Kolonovits, aaO, Rz 55, mwN; Matscher, Die
Ortstafelfrage aus der Sicht der Ortstafelkommission, in: Die Ortstafelfrage
aus Expertensicht. Eine kritische Beleuchtung [2006] 111 [114]). Der
Verfassungsgerichtshof, der diese Frage in von ihm zu entscheidenden
Fällen zu beurteilen hatte, hat in den Erkenntnissen VfSlg. 16.404/2001,
VfGH 12.12.2005, V 64/05, und VfGH 26.6.2006, V 20-22/06 ua., ausgeführt,
dass eine Ortschaft (auch noch dann) als Verwaltungsbezirk mit gemischter
Bevölkerung zu qualifizieren sei, wenn sie über einen längeren
Zeitraum betrachtet einen Minderheitenprozentsatz von mehr als 10% aufweist.