Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 161. Sitzung / Seite 113

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geben!) Sie sehen, ich habe ein paar mehr Themen als nur das eine, Herr Bun­deskanzler. Das zweite Thema ist natürlich eines, das Sie nicht so rasend gerne hören: Wie geht es denn in Österreich nach sechs Jahren Bundeskanzler Schüssel und dieser Bundesregierung den Frauen? (Abg. Steibl: Besser ausgebildet! Beruf und Familie vereinbar!)

Das kann man sich ganz simpel durchrechnen. Herr Bundeskanzler! Seit Sie Kanzler sind, sind an jedem einzelnen Tag dieser Regierungsperiode 18 Frauen zusätzlich arbeits­los geworden. (Abg. Steibl: Das kann nur eine Statistik der Arbeiterkammer sein!) Die Regierung hat in ihrer Politik de facto gesagt, prekäre Beschäftigung und ein bisschen Teilzeitarbeit für Frauen müssen reichen. Sie feiern immer die Beschäftigtenzahlen ab, aber Sie sagen nicht dazu, dass Vollzeitjobs für Frauen immer schwieriger zu bekommen sind.

Sie haben den Frauen das Kinderbetreuungsgeld als Trostpflaster gegeben, in Wirk­lichkeit aber als Sackgasse angeboten, denn die Rückkehr aus der Zeit des Bezugs von Kinderbetreuungsgeld in die Berufstätigkeit hat sich für viele Frauen als überraschend schwierig erwiesen. Und daran ist im Wesentlichen Ihre Politik schuld. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Steibl: Warum wollen Sie dann eine Ausdehnung auf 30 Monate? Das passt nicht zusammen!)

Herr Bundeskanzler, Sie haben uns gerade vorhin großartig erklärt, dass bereits 56 Prozent der Maturanten und Maturantinnen Mädchen sind. – Das ist korrekt. Es ist auch korrekt, dass 52 Prozent der StudienabgängerInnen junge Frauen sind. Herr Bundeskanzler! Können Sie mir sagen, wie viele Frauen in den Rektoraten der Universitäten in Österreich sitzen? Genau null! Bei den Professoren und Professorinnen sind es knapp über 10 Prozent, aber das interessiert den Herrn Bundeskanzler wieder weniger. Das kennen wir ja schon.

Bei der Einkommensgerechtigkeit bietet sich dasselbe Bild. Statt notwendiger dringender Fortschritte, statt Maßnahmen, mit denen man sicherstellen kann, dass Frauen im gleichen Job dasselbe verdienen wie Männer, nichts dergleichen. Ich frage Sie: Ist das etwas so Vermessenes? (Abg. Steibl: Da hätte die Gewerkschaft etwas machen können!) Sollte es nicht selbstverständlich sein, dass eine Frau das Gleiche verdienen kann und darf wie ein Mann im selben Job? (Beifall bei den Grünen.) Statt da Maßnahmen zu setzen sagen Sie de facto: Es reicht doch, wenn eine Frau ein bisschen dazuverdient!

Das ist das Modell, das Sie zum Beispiel in der Steuerreform unterstützt haben. Die eigenständige Existenzsicherung für Frauen kommt bei Ihnen nicht vor. Minister Bartenstein hat sogar einmal hier im Parlament sinngemäß davon gesprochen, dass man den Arbeitsmarkt von den Frauen entlasten muss. (Abg. Neudeck: „Sinn­gemäß“! – Abg. Steibl: Sinngemäß heißt nicht wortgetreu! Das ist eine Unterstellung! Alles madig machen und schlechtmachen!) Das heißt, das Kinderbetreuungsgeld kommt ganz recht, denn dann ist der Arbeitsmarkt entlastet. Ich kann Ihnen das Zitat jederzeit liefern, das habe ich in meinen Unterlagen.

Besonders „gut“ auf den Punkt gebracht wird Ihr Frauenbild durch ein Zitat von Staatssekretär Finz, der jetzt gerade nicht im Saal ist (Abg. Neudeck: Er hat sich etwas erspart!), der gesagt hat: Jede Stimme zählt, selbst die einer Frau.

Das wird ja demnächst wieder Thema sein, die Wahlwerbung setzt ein. Die ÖVP wird sich wieder denken: Jede Stimme zählt, selbst die einer Frau! – Aber ich sage Ihnen eines: Wer Frauen mit einer derartigen Geringschätzung begegnet, wie Sie das in Wort und in Tat tun, hat auf der Regierungsbank nichts verloren! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

 


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