Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 161. Sitzung / Seite 146

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hier herinnen. Danke dafür! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ sowie bei Abgeord­neten der ÖVP.)

Herr Kollege Molterer, Sie haben schon vor einigen Stunden hier gesprochen (Abg. Mag. Molterer: Und es ist immer noch in Erinnerung!), und es ist mir sehr im Gedächtnis geblieben Ihr Slogan, das Schlagwort „Hinschauen, nicht wegschauen!“. Genau das ist es, was hier seit Jahren passiert. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Genau: Hinschauen, nicht wegschauen!) Und genau das ist es, was mich eigentlich seit vielen Jahren hier herinnen, seit den letzten Wahlen, immer wieder sehr ärgert. (Abg. Mag. Molterer: Dass wir hinschauen!) Sie schauen nicht hin. Sie schauen immer wieder weg.

Heute verstehe ich es ja noch ein bisserl, dieses Beweihräuchern, weil das Ende der Legislaturperiode naht. Aber das ist ja schon seit Jahren so, das ist ja nicht nur heute der Fall. Das machen Sie ja schon die ganze Zeit. Seit diese Legislaturperiode begonnen hat, sagt die Regierung und sagen Sie, was alles toll laufe. Und es kommt nie der Satz, der da heißt: Wir haben Armut in Österreich!

Es gibt Armut in Österreich. In Österreich sind ein Drittel der Alleinerzieherinnen und Alleinerzieher armutsgefährdet. Es sind in Österreich ein Drittel der Familien mit drei und mehr Kindern, wo ausschließlich der Mann erwerbstätig ist, armutsgefährdet. Es sind genauso viele Familien von Migrantinnen und Migranten, und zwar unabhängig von der Kinderzahl, armutsgefährdet.

In Anbetracht dessen kann die Regierung hier auf der Regierungsbank, aber auch Sie hier heraußen nicht einfach so tun, als wäre alles in Ordnung, als sei alles toll in diesem Land, als sei alles bestens in Österreich. Das ist es eben absolut nicht!

Unser Verständnis von Politik ist, genau dort hinzuschauen, wo Defizite sind. Natürlich müssen wir deshalb immer wieder diese Defizite ansprechen. Sie sprechen diese leider nicht an. Sie sehen sie leider nicht. (Beifall sowie Ruf bei den Grünen: Die berühren sie nicht!)

Es wäre gut, wenn Sie sich einmal hier herausstellen und sagen würden, im Bereich der Familien haben wir folgende Probleme: hauptsächlich Armut, die wir bekämpfen müssen, im Bereich der Jugend haben wir wirklich das große Problem, dass viele Jugendliche nicht sinnerfassend lesen können. Das trifft immerhin auf jeden fünften Schüler/auf jede fünfte Schülerin zu. Stehen Sie einmal dazu! Und dann sagen Sie: Das gibt es einen Handlungsbedarf, und wir müssen da etwas machen! (Zwischenruf der Abg. Dr. Brinek.)

Es ist nicht gut, dass in Österreich Eltern 120 Millionen € im Jahr für Nachhilfestunden ausgeben müssen. Das können sich manche leisten, aber andere nicht, und infolge­dessen haben manche Kinder in der Schule weit bessere Chancen als andere Kinder. (Abg. Mag. Molterer: Warum fällt es Ihnen so schwer, das Positive zu sagen?)

Warum stellen Sie sich nie hierher und sagen: Ja, das gibt es! (Abg. Mag. Molterer: Warum sagen Sie nie: Ja, es gibt auch etwas Gutes?) Dann wäre die politische Auseinandersetzung hier in diesem Parlament und die politische Auseinandersetzung überhaupt eine weit differenziertere. Die können wir gerne führen. Aber nur dann wird sie möglich. Doch Sie verunmöglichen sie leider dadurch, dass Sie immer nur Weihrauch streuen. Es ist wirklich nur Weihrauch, den Sie hier streuen. Die Realität der Menschen in Österreich erkennen sie leider nicht! (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Riepl.)

 


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