Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll8. Sitzung / Seite 49

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

Als Erster gelangt Herr Klubobmann Dr. Van der Bellen zu Wort. Wunschredezeit: 8 Minuten. – Bitte.

 


11.10.39

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Meine Damen und Herren! Es ist ziemlich genau ein Jahr her, dass hier im Nationalrat das so genannte Frem­denrechtspaket beschlossen wurde, mit den Stimmen von ÖVP, BZÖ und SPÖ. Vor bestimmten sozialpolitischen Auswirkungen dieses Gesetzes wurde verschiedentlich gewarnt, wurde auch die SPÖ gewarnt. Gewarnt haben die Caritas, gewarnt haben andere Organisationen, die im Sozialhilfebereich, wenn ich das so nennen darf, tätig sind, gewarnt haben last but not least die Grünen hier im Parlament. (Präsident Dr. Spindelegger übernimmt den Vorsitz.)

Gewarnt haben wir davor, dass unter anderem – das ist nur eine Folge des Frem­denrechtspakets gewesen – eine Diskriminierung und Benachteiligung von bestimmten Kindern und bestimmten Müttern stattfinden wird, die über das Vorhergehende, den Rechtsstatus vorher noch hinausgeht – von Kindern und Müttern, ich betone das ausdrücklich, die legal in Österreich aufhältig sind, die einen so genannten Aufent­haltstitel für Österreich haben. Wir haben davor gewarnt, dass mit diesem so genannten Paket vom Gesetzgeber, von ÖVP, BZÖ und SPÖ, echte Armutsfallen aufgebaut werden. Alle diese Warnungen wurden aber in den Wind geschlagen und ignoriert.

Die Grünen begrüßen daher ausdrücklich, dass ÖVP und SPÖ nunmehr über ihren Schatten gesprungen sind und mit der heutigen Novelle zum Familienbeihilfengesetz beziehungsweise Kinderbetreuungsgeldgesetz bestimmte so genannte Härtefälle korrigieren, beseitigen – nicht alle so genannten Härtefälle. Und „so genannt“ betone ich auch, denn es geht hier keineswegs um 150 Fälle, wie Ministerin Haubner einmal gesagt hat, mehrfach gesagt hat, unterstützt von Ministerin Prokop, wenigstens zu einem bestimmten Zeitpunkt, sondern es geht hier um Tausende von Kindern (Abg. Steibl: Das stimmt nicht!) und deren Mütter (Abg. Ing. Westenthaler: Nennen Sie einen Fall! Einen Fall wollen wir wissen!), die jetzt besser gestellt werden – im Wesentlichen dadurch, dass Familienbeihilfe und Kinderbetreuungsgeld grundsätzlich ab Geburt des Kindes zustehen, sofern natürlich Familienbeihilfe und Kinderbetreu­ungsgeld überhaupt zustehen.

Das heißt also, wenn die bürokratischen Hürden groß sind, wenn die bürokratischen Hürden insbesondere des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes durch eine Mutter mit nicht-österreichischem Reisepass endlich überwunden sind und die so genannte NAG-Karte – Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz-Karte – endlich in ihrem Besitz ist, dann werden Familienbeihilfe und Kindergeld rückwirkend bis zur Geburt des Kindes ausbezahlt. Das ist eine wichtige und wesentliche Änderung und steht in dia­metralem Gegensatz zu dem, was Ministerin Haubner noch im August dieses Jahres in ihrem Erlass nicht nur fortgeschrieben und festgeschrieben hat, sondern sie hat sich ja bis zum Schluss geweigert, auch nur über eine Änderung des Gesetzes nachzudenken und hat auf ihrem Erlass beharrt. Mit dieser Novelle wird dem Haubner-Erlass vom August – in diesem Punkt wenigstens – die rechtliche Grundlage entzogen. (Beifall bei den Grünen.)

Die zweite wichtige Neuregelung – und hier geht es um sehr viele Fälle von Kindern und Müttern – ist, dass der Kreis der Anspruchsberechtigten erweitert wird, nämlich auf einen Teil – nicht auf alle, aber auf einen Teil – der so genannten subsidiär Schutz­bedürftigen in Österreich. Das sind, kurz gesagt, Menschen, die kein volles Asyl erhalten haben (Abg. Scheibner: Die keines erhalten haben, Herr Kollege! Nicht: „kein volles“! – Abg. Ing. Westenthaler: Die abgelehnt worden sind!), aber auch in ihr Heimatland aus bestimmten Gründen nicht abgeschoben werden können, weil sie von


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite