Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll9. Sitzung / Seite 173

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ist es weit weg von dem gesetzlichen Mindestlohn von 7 €, wie wir Grüne ihn fordern. (Beifall bei den Grünen.)

Es ist in diesem Regierungsprogramm die Rede von 1 000 €, 850 € netto – aber bei Vollerwerb! Wie viel bleibt da übrig, wenn es sich um eine Teilzeitbeschäftigung von in etwa 20 Stunden handelt? – Da bleibt nicht viel übrig. Und für uns Grüne definitiv zu wenig! Ich hoffe eigentlich, für die Sozialdemokratie auch zu wenig. (Beifall bei den Grünen.)

Aber für solche Menschen haben wir ja jetzt die bedarfsorientierte Mindestsicherung, und zwar bis zu 726 € im Monat. Aber, bitte, was ist daran so großartig? Und was ist das etwas anderes als die Sozialhilfe? Dieser Betrag liegt 100 € unter der Armuts­gefährdungsschwelle. Ich betone: 100 €.

Wissen Sie, wie viel wiederum das ist, wenn es darum geht, die Kosten des täglichen Lebens zu bezahlen? – Sie eben nicht bezahlen zu können!

Etwas wirklich sehr Interessantes, etwas Pikantes an dieser Mindestsicherung sind die Rahmenbedingungen, und zwar die Rahmenbedingungen im Bereich der Notwendig­keit der Arbeitswilligkeit. Zum Ausdruck kommt diese Arbeitswilligkeit zum Beispiel durch die Anforderung nach höherer regionaler Mobilität. Das finde ich ja super-zynisch: arbeitslos, mittellos und dann als Tellerwäscher nach Tirol geschickt. Oder wie stellen Sie sich das vor, meine Damen und Herren?

Diese Zumutbarkeitsbestimmungen sind meiner Meinung nach vor allem eines, näm­lich eine Zumutung.

Und dann gibt es noch die tolle Idee mit der Verpflichtung zu gemeinnütziger Arbeit. Das ist ja wirklich ziemlich schräg: gemeinnützige Arbeit, die von denen, die die Mindestsicherung beziehen, ausgeführt wird und die wahrscheinlich anderen Men­schen, die auf dem Arbeitsmarkt nicht wirklich super etabliert sind, wie etwa Straßenreiniger, den Job wegnehmen. Die sind dann arbeitslos, kommen womöglich in den Genuss der Mindestsicherung und kehren dann so wieder zu ihrem Metier zurück? Also bitte, was soll das für einen Zweck haben: ordentliche Beschäftigung durch gemeinnützige Arbeit ersetzen?

Sehr geehrter Herr Minister! Wollen Sie vielleicht so die Einsparungen der Verwaltung hereinbringen, so wie Sie es in Salzburg gemacht haben? Dort wurden nämlich ordentliche Reinigungskräfte in der Landesverwaltung privatisiert. Die Reinigungs­arbeiten wurden einer privaten Firma übertragen. Und kennen Sie die Arbeitsbedingun­gen von solchen Firmen? – Die sind nicht gut, die sind ganz und gar nicht gut. Das ist harte Arbeit zu ziemlich schlechten Konditionen.

Meine Damen und Herren, wissen Sie, wie die Geschichte weitergegangen ist? – Jetzt, nach geraumer Zeit, haben sich die Angestellten, die ArbeitnehmerInnen im Landes­dienst beschwert, dass die Räume nicht sauber genug sind. Man hat das Problem analysiert und ist dann draufgekommen, dass die Arbeitsbedingungen dieser Reini­gungskräfte aus den privaten Firmen so schlecht sind, dass sie so unter Stress sind, dass es ihnen einfach nicht möglich ist, in der kurzen Zeit, für die sie bezahlt werden, das ordentlich zu reinigen. Ich meine, das muss man sich einmal vorstellen!

Uns war das klar, Ihnen, Herr Sozialminister, offensichtlich nicht. Das waren Maßnah­men, die massiv zur Verschlechterung der Arbeitsbedingungen von ArbeitnehmerInnen beigetragen haben. Von der sozialen Sicherheit, die Sie heute so oft zitiert haben, nämlich von der emotionalen sozialen Sicherheit, davon werden diese Reinigungs­kräfte nicht viel spüren. Doch Sie haben das in Kauf genommen, Herr Sozialminister.

 


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