Ihnen, meine Damen und Herren, bevor Sie sich echauffieren und ins Messer rennen, gleich ein bisschen Studium der Bundesverfassung.
Die Bundesverfassung sieht im Artikel 78 Abs. 2 und 3 vor, dass der Staatssekretär in einem Weisungsverhältnis zum Bundesminister steht, dem er beigegeben wurde. Wir werden also jetzt die skurrile Situation haben, dass wir hier Staatssekretäre in Vertretung eines Regierungsmitgliedes haben werden, denen gegenüber dieses Regierungsmitglied nicht einmal weisungsberechtigt ist. Das heißt, die Weisungskette und somit die politische und verfassungsrechtliche Verantwortungskette ist damit durchbrochen. Wir werden hier Staatssekretäre haben, die gar nicht in der verfassungsrechtlichen Verantwortung stehen für jenes Regierungsmitglied, das sie hier vertreten sollen, weil sie einem ganz anderen Regierungsmitglied beigegeben wurden.
Meine Damen und Herren, das kann auch jemand vom Bauernbund begreifen, wenn ich Ihnen das referiere. (Abg. Dr. Schüssel: Was soll das? – Abg. Dr. Sonnberger: Diese Arroganz ist nicht übertreffbar! Das ist unerhört!) Das ist wohl so einfach, meine Damen und Herren! (Weitere heftige Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Ja, wir wissen das alles. Schauen Sie, die Gewerkschaftsfunktionäre schweigen dazu betroffen, weil sie genau wissen, dass es Ihr Misstrauen gegen die rote Reichshälfte ist. Das ist der ganze Hintergrund! (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.) Diese Regelung, die Sie heute verlangen, ist das „schwarze Misstrauen“ gegen die „rote Budgetpolitik“, die Sie befürchten. Deswegen hat der Herr Bundeskanzler, bevor er Bundeskanzler wurde, schon eine Erklärung unterschreiben müssen, dass er die Finanzen des „schönsten Finanzministers aller Zeiten“ nicht antastet, meine Damen und Herren. Weil Sie dem noch immer nicht trauen, müssen Sie jetzt eine gegenseitige Kontroll- und Vertretungsregelung in die Verfassung schreiben, meine Damen und Herren.
Das nenne ich Missbrauch der Verfassung! Das wiegt schwerer als der Versuch, den der Herr Kollege Van der Bellen in einer Fortführung der Debatte heute probiert hat. Das ist ein Missbrauch der Verfassung! (Beifall bei der FPÖ.)
Ein Missbrauch an der Verfassung gleich zu Beginn einer großen Koalition wiegt sehr schwer, Herr Bundeskanzler außer Dienst. Sie als Klubobmann hätten das wirklich anders regeln können. Wenn Sie Ihrem „Zwangspartner“ schon nicht trauen, dann gibt es andere Möglichkeiten, eine Kontrolle herzustellen. Aber bitte, um Himmels willen! Früher hat man wenigstens noch die Verfassung in Ruhe gelassen. Früher hat man, wenn man schon die Verfassung schludrig an großkoalitionäre Misstrauensverhältnisse anzupassen begonnen hat, wenigstens auch noch gleichzeitig die Geschäftsordnung mit im Auge gehabt.
Das ist jetzt schon der Beginn Ihres Umgangs mit dem Parlamentarismus und mit dem Parlament, indem man von vornherein sagt: Was in der Geschäftsordnung steht, das interessiert uns nicht, wir haben uns das untereinander ausgemacht, da fährt die Eisenbahn drüber! Der Artikel 78 unserer Bundesverfassung wird schlicht und einfach an die koalitionären Notwendigkeiten angepasst!
Meine Damen und Herren, das ist kein Umgang, den ein verfassungstreuer Parlamentarier unwidersprochen hier im Haus zur Kenntnis nehmen darf! Das ist der zentrale Punkt des Missbrauchs, den Sie heute hier machen! (Beifall bei der FPÖ.)
Ich habe auf Grund dieser Redezeitvereinbarung zu wenig
Redezeit (Abg. Grillitsch: Viel zu viel!), um Ihnen noch klar ... (Weitere Zwischenrufe bei der
ÖVP.) – Schauen Sie, wenn ich weiß, dass sich die
ÖVP aufregt, dann weiß ich, dass ich absolut richtig liege, meine
Damen und Herren. Das ist ein verlässlicher Indikator! Das war immer noch
so. (Neuerliche Zwischenrufe bei der
ÖVP.)
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