Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll24. Sitzung / Seite 85

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damaligen Opposition, der SPÖ, gescheitert sind. Ich frage mich, warum man jetzt am Beginn einer Legislaturperiode – sinnvoll oder nicht – diese wahlrechtlichen Verände­rungen setzt, ohne das Gesamtsystem zu diskutieren oder auch uns vorzulegen.

Es gibt eine Reformgruppe der Koalition. Wir haben gehört, bis zum Sommer – so glaube ich – sollten da erste Ergebnisse kommen. Herr Klubobmann – ich weiß es nicht –, kommen diese Ergebnisse dieser Verfassungsreformgruppe? Man hört, dass man sich dort auch nicht einigen kann. Also bleibt dann dies das Einzige, was diese Bundesregierung an Verfassungsänderungen anzubieten hat.

Das wäre dürftig. Wir warten alle darauf, und es wäre notwendig, unsere Bundesver­fassung nach vielen Jahrzehnten auf die neuen Gegebenheiten des 21. Jahrhunderts anzupassen – etwa die Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern. Das wären in Wahrheit die spannenden Dinge, die schwierigen Dinge, ja, denn da gilt es, Erb­pachten in den Ländern aufzubrechen, wo Landeskaiser – egal, welcher Fraktion sie angehören – und Landtagsabgeordnete glauben, dass sie sich selbst ad absurdum führen, wenn man einmal darüber diskutiert, ob es wirklich notwendig ist, neun ver­schiedene Bauordnungen in Österreich aufrechtzuerhalten, dass das Fischereiwesen in neun Bundesländern neunfach verschieden geregelt ist, und, und, und.

Es wäre doch einmal interessant, darüber zu diskutieren, dass man die Gesetzgebung beim Bund zentralisiert mit einer wirklichen Mitbestimmung an dieser Bundesgesetz-gebung durch den Bundesrat über frei gewählte Landtagsabgeordnete, die dieses Gre­mium besetzen, und die Kontrolle und Vollziehung dann aber auch verstärkt bei den Ländern und bei den Landtagen ansiedelt. Das wären interessante Dinge, auf die wir noch warten.

Jetzt gibt es eine große Koalition mit einer Verfassungsmehrheit. Wo sind denn diese Vorschläge? Oder etwa endlich einmal einen Grundrechtekatalog vorzulegen, dass wir nicht jetzt noch mit dem Staatsgrundgesetz über die Rechte der Staatsbürger aus dem Jahr 1867 ... (Abg. Dr. Graf: Ist aber ein gutes Gesetz!) – Ein gutes Jahr! Ein Gesetz, das so lange hält, ist auch wirklich ein gutes Gesetz, aber trotzdem sind wir uns einig, dass das Jahr 1867 andere Voraussetzungen gerade an die Grundrechte gestellt hat, als wir das heute, im Jahr 2007 haben. Das wäre doch interessant! (Abg. Strache: Das ist ja das Traurige! Heute werden die Grundrechte teilweise aufgehoben!) – Ja, das ist alles klar. Also, wo ist der Grundrechtekatalog, auf den wir uns im Verfassungskonvent schon fast geeinigt hätten?

Oder wie ist denn diese Auswirkung des EU-Beitritts in unsere Bundesverfassung ein­zuarbeiten? (Abg. Strache: Ganz schlecht! Keine Volksabstimmung!) Wie ist denn das einzuarbeiten und zu verstärken? Wie sind die Instrumente der direkten Demokratie aufzuwerten? Es war Ihre Forderung, meine Damen und Herren von der Sozialdemo­kratie: Wenn man die Legislaturperiode verlängert, dann muss es aber auch eine Aus­weitung der Bürgerrechte, der Bürgerbeteiligung geben – ein Junktim von Ihnen, Herr Bundeskanzler, im Jahr 2004. Wo sind denn auch diese Ideen?

Oder die Verfassungsbereinigung: Hunderte Verfassungsbestimmungen gibt es, die alte große Koalitionen im Bruch der Grundsätze der Bundesverfassung hier beschlos­sen haben, nur um die Kontrolle des Verfassungsgerichtshofs auszuschalten. Nicht einmal diese Verfassungsbereinigung hat man bis jetzt zusammengebracht.

Also wo ist denn das alles? Und warum werden jetzt am Beginn drei sinnvolle Maßnah­men, aber als isolierte Regierungsvorlage hier vorangestellt? – Es gibt nur zwei Mög­lichkeiten für mich: Die eine ist, man will kaschieren, dass man sich auf sonst nichts einigen kann – es gibt ja kaum Regierungsvorlagen; mich wundert das wirklich, denn eine neue Regierung sollte mit Elan, mit Begeisterung wichtige Reformvorhaben an­stellen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Niederwieser, dabei ein Schriftstück in die Höhe


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