Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll24. Sitzung / Seite 228

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Weiters anführen darf ich in diesem Zusammenhang Vorschläge – die bereits auf dem Tisch liegen –, was die Berichtsgliederung und Evaluierung legistischer Anregungen anlangt. Ob das schon bewirkt, dass künftige Vorsitzende der Ausschüsse, insbeson­dere des Justizausschusses, dann den Vorschlägen der Volksanwälte mehr Gehör schenken, steht allerdings auf einem anderen Blatt. Das werden wir aber dann empi­risch nachvollziehen können.

Noch etwas, meine Damen und Herren, da ich vom „Fluch der bösen Tat“ gesprochen habe, möchte ich Ihnen sagen, und zwar zum Bestellungsmodus. Es gibt Vorschläge, die auch den Bestellungsmodus in Zukunft ändern können, auch, was die Rechtsstel­lung der Volksanwälte anlangt. Ich persönlich bin der Meinung – und jetzt rede ich wirk­lich nicht pro domo –, dass Volksanwälte, so wie Abgeordnete des Hohen Hauses, eine gewisse sachliche berufliche Immunität haben sollten, weil ich selber weiß, was es bedeutet, wenn man sich für Bürgeranliegen mit mitunter mächtigen Apparaten an­legt. – Eine solche berufliche Immunität wäre also eine Überlegung wert.

Aber, meine Damen und Herren, was heute alles im Zusammenhang mit angeblichen Gesetzeslücken in der Bundesverfassung, und zwar in Bezug auf die Nominierungs­rechte der Fraktionen gesagt wurde, das verdient, widerlegt zu werden.

Artikel 148g Abs. 2 B-VG stellt – glauben Sie mir, ich habe mich mit diesem Artikel so­zusagen auf und ab beschäftigt! – keine Gesetzeslücke und keine Verfassungslücke dar. Alles, was heute diesbezüglich gesagt wurde, ist unrichtig! (Beifall bei der FPÖ.)

Vielmehr ist es so, dass der „Fluch der bösen Tat“ – da muss ich durchaus sagen: das trifft uns Freiheitliche in diesem Fall auch – bereits bei der Bestellung der Volksanwälte im Jahre 2001 erfolgt ist; damals noch unter dem NR-Präsidenten Fischer. Ich möchte aber der jetzigen Präsidentin Prammer keinen Vorwurf machen, dass sie sich da an die Vorgaben von Fischer gehalten hat.

Damals gab es eine stärkste Fraktion – das waren die Sozialdemokraten –, zwei zweit­stärkste Fraktionen, die damals gleich stark waren – das waren 52 Mandate für die FPÖ und 52 Mandate für die ÖVP –, und eine drittstärkste Fraktion, das waren die Grünen, denen man damals das Nominierungsrecht bezüglich Volksanwaltschaft ver­weigert hat, und zwar meiner Ansicht nach zu Unrecht verweigert hat.

Heute ist es anders: Heute gibt es eine stärkste Fraktion, die Sozialdemokraten, eine zweitstärkste Fraktion, die Volkspartei, und zwei drittstärkste Fraktionen – und einer davon, diesmal den Freiheitlichen, hat man das Nominierungsrecht verweigert. (Ruf bei der ÖVP: Sie sind ja nur mehr 20!) – Da sind Sie schlecht beraten. Die Grundrechen­arten, Herr Kollege, sollten eigentlich auch bis in die Hinterbänke der ÖVP durchge­drungen sein! 21 : 21 steht’s! (Beifall bei der FPÖ. – Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Das ist ein Ergebnis, das Sie, wenn Sie dreimal Ihre Hände verwenden, nach­zählen können. (Heiterkeit bei der FPÖ.)

Meine Damen und Herren, das Verweigern des Rechtes auf Nominierung den Freiheit­lichen gegenüber war nur der Ausdruck des Misstrauens zwischen den beiden derzeiti­gen Koalitionsparteien. Man hatte nämlich bei der SPÖ die Befürchtung, dass sich die ÖVP doch noch auf einen Kandidaten der Freiheitlichen einigen könnte. Das war der ganze Hintergrund – und so viel zum Thema „Vertrauen“ in dieser Koalition.

Meine Damen und Herren, es ist nicht richtig, wenn man formelles Verfassungsrecht – da muss man wirklich besonders streng sein; da dürfen politische Überlegungen wirk­lich nur eine geringe Rollen spielen – deswegen ignoriert, weil zwei Parteien, die eine Koalition gebildet haben, einander nicht trauen. Das nenne ich wirklich Fluch der bösen Tat! – Das ist allerdings keine Gesetzeslücke, Herr Kollege Einem, der Sie sich hier bemüht haben, eine Verfassungslücke zu konstruieren.

 


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