Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung / Seite 85

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Außerdem ist nicht sichergestellt worden – hören Sie mir zu! –, dass man die Kosten der Betreuung, der Hilfe- und Assistenzleistung, die der Einzelne braucht, auch finan­ziert bekommt, sondern man bekommt nur ein bisschen etwas dazu. Zuerst hat man ein bisschen Pflegegeld bekommen, und jetzt kann man auch ein bisschen einen Zu­schuss haben. Das heißt, ich kann als Betroffener, wenn ich heute jemanden anstellen möchte – nämlich zum Beispiel PflegehelferInnen, die ja seit Jahren massiv vom
AMS ausgebildet worden sind, jetzt eigentlich für diese Bereiche zur Verfügung stehen und die wahrscheinlich das Arbeitsamt auch zwingen wird, diese Tätigkeiten zu ma­chen, wenn sie nicht ihren Arbeitslosengeldanspruch verlieren wollen –, diesen Män­nern und Frauen, die ausgebildet worden sind, einen Stundenlohn zwischen 80 Cent und 1,20 € bezahlen. Das ist dann möglich, trotz dieser Förderung. Wenn ich Pflege­stufe 7 habe, bekomme ich Pflegegeld in der Höhe von 1 600 € plus maximal 800 € Zuschuss. Dafür muss ich zwei Leute einstellen. Das ergibt dann netto – denn ich muss das ja 15 Mal auszahlen – im Monat 480 €.

Herr Minister! Frau Lapp! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wen kennen Sie, der es sich in Österreich noch leisten könnte, dass er um 480 € netto zwei Wochen lang – Tag und Nacht – da sein muss? Wen kennen Sie? – Ich kenne niemanden. Ich kenne niemanden, und viele Betroffene wie ich – wir haben gesucht – kennen auch niemanden, weil es ganz einfach nicht möglich ist, dass man zwei Wochen um 480 € netto durcharbeitet. Man kann es physisch nicht leisten, zwei Wochen durchzuarbeiten, und man kann mit 480 € netto nicht leben. Sie können nicht leben von diesem Gehalt, aber mehr können die Betroffenen nicht zahlen, weil sie das Geld nicht haben, Herr Mi­nister.

Wenn diese jetzt ausgebildeten PflegehelferInnen gezwungen werden, sich zu ent­scheiden, entweder das Arbeitslosengeld weiter zu bekommen oder diese 480-€-netto-Jobs zu machen, dann werden sie mit 480 € nicht leben können und das Arbeitslosen­geld werden sie nicht bekommen. Die Betroffenen können nicht mehr zahlen, weil sie ganz einfach das Geld nicht haben.

Es wird bleiben, wie es ist: Die ausländischen Pflegekräfte werden diese Tätigkeiten weiterhin machen. Wie lange, das wissen wir nicht, denn sobald sie in ihren eigenen Ländern bessere finanzielle Voraussetzungen haben als jetzt in Österreich – und das wird nicht mehr lange dauern –, sind sie auch weg. Das, was Sie jetzt gemacht haben, ist kein Lückenschluss, Herr Minister, das ist auch keine Sicherheit, wie es Ihre Kolle­gin Lapp gesagt hat, sondern Sie haben halt jetzt einmal versucht und begonnen, das Rad ein bisschen zu drehen.

Als Sie jetzt dieses Rad ein Stückchen gedreht haben, haben Sie gemerkt, was da al­les in Bewegung kommt. Wir müssen dafür sorgen, dass sich die Situation von Men­schen mit Behinderungen und Menschen im Alter verbessert, dass sie die Sicherheit haben, dass sie zu Hause bleiben können, unabhängig davon, wie viel Vermögen sie haben, unabhängig davon, wie viel Einkommen sie haben, und unabhängig davon, wie alt oder wie intensiv behindert sie sind.

Herr Minister, wenn jemand sein eigenes Vermögen aufbraucht, um sich das leisten
zu können, muss er, wenn er dann nichts mehr hat – alles ist verkauft, alles ist verwer­tet –, erst ins Heim. Das heißt, durch Ihre Vermögensverwertung stellen Sie nicht si­cher, dass er auch dann zu Hause bleiben kann, wenn dieses Vermögen verwertet ist. Ist die Person im Heim und das Vermögen verwertet, ist sichergestellt, dass er im Heim bleiben kann und dort nicht mehr rausfliegt. Wer sich das ambulant leistet, darf nicht zu Hause bleiben, sondern der „fliegt“ dann rein ins Heim, wo er dann natürlich die Sicher­heit hat, dass er dort nicht mehr rausfliegt.

 


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