Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung / Seite 97

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chen, von Verantwortlichen im Bereich der Sozialpartnerschaft; wie auch immer, da ist systematisch weggeschaut worden. Das war ein Pflegenotstand.

Wir haben in Österreich keinen generellen Pflegenotstand, wir haben ein gut ausge­bautes System von Pflege und Betreuung, fußend auf einem Bundespflegegeld – das einer meiner Vorgänger, Minister Hesoun, 1993 eingeführt hat; ein wirklich sozialpoliti­scher Meilenstein, dem sich die Länder angeschlossen haben –, fußend auf einem im Ausbau befindlichen System stationärer, ambulanter, mobiler, teilweise auch schon teilstationärer Sachleistungen in den Ländern und Gemeinden. Aber in einem Bereich hat es einen Notstand gegeben, nämlich im Bereich der 24-Stunden-Betreuung, der Rund-um-die-Uhr-Betreuung, der Pflege und Betreuung zu Hause, weil das bis 1.7. dieses Jahres auf legalem Weg in Österreich nicht möglich war. Das ist natürlich ein Notstand für 10 000, 15 000, 20 000 betroffene Familien, wenn sie zur Befriedigung eines wichtigen Bedürfnisses von ihnen selbst und der zu pflegenden Angehörigen quasi gezwungen werden, illegale Methoden anzuwenden, weil eine legale Möglichkeit nicht gegeben war.

Das sollten Sie, meine geschätzten Damen und Herren, genauso wenig unterschätzen, wie das die Regierung tut und hoffentlich auch die interessierte Öffentlichkeit: Dieser Schritt der Legalisierung der 24-Stunden-Betreuung, qualitätsgesichert und leistbar, stellt eine ganz wesentliche Lückenschließung dar und beseitigt den Notstand in einem, wenngleich kleinen – Professor Grünewald, 20 000 haben Sie selbst genannt –, aber für diese 20 000 Menschen existenziell ganz wichtigen Feld. Das ist die Leistung, die heute hier mit der entsprechenden Beschlussfassung geschaffen wird.

Damit stimmt die Richtung. Heute wird ein erster Schritt in Richtung der noch beste­henden Verbesserungsmöglichkeiten von dieser Regierung, auch in Abstimmung mit Ländern und Gemeinden – und das muss noch besser werden –, gesetzt. (Zwischenruf des Abg. Öllinger.) Und es stimmt der Weg, denn das, was Sie heute hier beschließen an Vorlagen der beiden Gesetze der Bundesregierung, ist jener Weg, der in einem schwierigen Feld mit vielen unterschiedlichen Interessenlagen eine Möglichkeit eröff­net, auf Basis bestehenden Arbeitsrechtes – Hausangestelltengesetz –, auf Basis be­stehender Mindestlohntarife, auf Basis ergänzter, klargestellter, präzisierter Bestim­mungen in der Gewerbeordnung, auf unselbständiger oder selbständiger Basis diese Dienstleistung zu erbringen.

Es stimmt der erste Schritt, der eigentlich – da gebe ich Kollegem Öllinger recht – der zweite Schritt ist, weil mit Unterstützung für pflegende Angehörige pensionsrechtlich auch ein wichtiger erster Schritt bereits vor drei Wochen gesetzt worden ist.

Ich möchte jetzt noch auf einzelne konkrete Kritikpunkte im Detail eingehen. Mir ist das deshalb wichtig, weil ich immer noch meine – zu meinem Bedauern –, dass vieles in der Leistungskraft dieser beiden Gesetze – Kollege Donabauer hat das zu Recht ge­würdigt – noch falsch, missverständlich gesehen und auch falsch kommuniziert wird.

Kollege Öllinger sagt beispielsweise, dass hier Billigarbeitskräfte eingesetzt werden. – Ja, es ist richtig, die Entgeltbedingungen, selbstständig oder unselbstständig, auf de­nen dieses Hausbetreuungsgesetz und das Bundespflegegeld fußen, sind nicht mitt­lere oder hohe Lohneinkommen, aber dies knüpft an bestehende arbeitsrechtliche Grundlagen an, und es sind die bestehenden Mindestlohntarife, die hier unselbststän­dig zur Anwendung kommen. (Abg. Öllinger: Kann sich niemand leisten!) Es wird eine gewerkschaftliche Entwicklung sein – entsprechende erste Anträge auf Mindestlohnta­rife liegen bereits vor –, das auch nach Möglichkeiten und Leistbarkeit zu verbessern.

Eine weitere Kritik war, dass es keinen Rechtsanspruch auf diese Förderung der 24-Stunden-Betreuung nach § 21b Bundespflegegeldgesetz gibt. – Ja, das ist richtig. Es gibt keinen Rechtsanspruch, aber zwei Argumente dagegen. Zum einen ist das nichts


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