Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll31. Sitzung / Seite 190

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Beispiel –, worüber soll ich dann mit ihm diskutieren? – Dieses Problem haben wir nicht mit irgendeinem Imam gehabt, sondern dieses Problem hatten wir, finde ich, sehr häufig mit Herrn Bischof Krenn aus Niederösterreich, der, finde ich, in sehr erfrischen­der Weise – ich meine, ich muss mich ja nicht persönlich mit ihm auseinandersetzen – diesen absoluten Wahrheitsanspruch seiner Religion formuliert hat. (Abg. Ing. Westen­thaler: Lassen Sie den armen Mann in Ruhe!) Darüber braucht man nicht viel zu reden. (Abg. Strache: Ich hoffe, dass der jetzt nicht mit Terroristen gleichgesetzt wird!)

Worüber wir reden müssen ist: Wo sind die Grenzen im Alltagsleben, welche Symbole akzeptieren wir, tolerieren wir, und wo hört sich – sozusagen unter Anführungs­zeichen – „der Spaß auf“? – Eine Frage, die auch Kollege Cap angeschnitten hat. Wo hört sich der Spaß auf, wo müssen wir nicht tolerieren, sondern ganz im Gegenteil einen gewissen Machtanspruch durchsetzen? Diese Fragen stellen sich. Allerdings beantworte ich sie in einer Weise, die sich, glaube ich, von Herrn Strache und Herrn Missethon in deutlicher Weise unterscheidet. (Abg. Dr. Graf: Haben Sie einmal eine Predigt vom Krenn und von einem Imam gehört und verglichen?)

Drei kleine Beispiele: Kopftuch, Minarette – und auf das dritte komme ich noch.

Kopftuch: Ich sitze an der Universität, früher als Prüfer – unangenehme Aufgabe, aber es muss sein –, es kommt eine Dame mit Kopftuch, es kommt selten, aber vielleicht doch ein Sikh mit Turban, es käme vielleicht – ist nie vorgekommen – ein orthodoxer Jude mit Hut; ich glaube, die studieren nicht Ökonomie. Und? – Die Prüfung findet statt über den Deadweight Loss in der Besteuerung, die Ricardianische Äquivalenz­hypothese – ich will Sie aber jetzt nicht quälen damit. (Abg. Rädler: Das dauert sonst eine Stunde!)

Was jemand im Kopf hat, Herr Kollege Strache, Herr Missethon, ist wichtig – und nicht, was jemand auf dem Kopf hat, oder? (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Strache: Aber politische Symbole haben dort nichts verloren! – Rufe und Gegenrufe zwischen den Abgeordneten Öllinger und Dr. Graf.)

Sie haben ein Kopftuchverbot in Universitäten verlangt. – Ich halte das für vollkommen falsch und, nebenbei gesagt, für kontraproduktiv und frauenfeindlich, weil Sie, abge­sehen von allen anderen Argumenten, muslimische Frauen vom Studium abhalten würden, aber gerade den potenziellen Terroristen, der das vielleicht später vorhat und jetzt Chemie studiert, würden Sie nicht erwischen. Also: völlig unsinnig. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Öllinger: Richtig!)

Ein Wort als evangelisch Getaufter zum Thema Minarette und Moscheen: 1648 – Westfälischer Friede, „Cuius regio, eius religio“ – wurden die Religionen territorial getrennt, nachdem sich herausgestellt hat, dass ein Zusammenleben damals nicht möglich war. Nach 133 Jahren – ich finde, für habsburgische Verhältnisse ziemlich flott – erließ Joseph II im Jahre 1781 das Toleranzpatent mit der Erlaubnis, Kirchen für die Evangelischen zu bauen. – Kirchen, wenn ich recht orientiert bin, ohne Türme. Kommt Ihnen das nicht bekannt vor? Kirchen ohne Türme! Mit – was habe ich mir ausgerechnet? – 226 Jahren Verspätung fallen Sie hinter Joseph II zurück?

Moscheen ohne Minarette, Kirchen ohne Türme? (Abg. Strache: Uns geht es ums europäische Abendland! Das ist der Unterschied! Dazu stehen wir!) Da waren die Habsburger echt schnell im Vergleich zu Ihnen, Herr Kollege Strache! (Beifall bei den Grünen.) Aber es gibt Fälle, wo man tatsächlich Flagge zeigen muss. Das heißt nicht, dass man brutal mit der Polizei reinfährt. Reden, reden, reden, im Ernstfall das Jugendamt et cetera. (Abg. Dr. Graf: Dann reden wir über Zwangsehen!)

Ich will den Schwimmunterricht für Mädchen nicht aufblasen. Das ist in der Realität gar nicht das Riesenproblem, als das wir es behandeln, aber es hat hohen symbolischen


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