Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung / Seite 48

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sich zu einer ‚Politik in christlicher Verantwortung‘ bekannte. Das Recht auf Leben, auf Familie und Ehe sei in der heutigen Welt bedroht.“

Und weiters: „Daher sei das ‚Sich-Einmischen der Christen gefordert‘.“ (Abg. Dr. Stummvoll: Ja!) – Ja, ja. (Demonstrativer Beifall bei der ÖVP.)

Eine aktive Christin war gestern bei der Demonstration der Grünen anwesend, nämlich die Präsidentin der Katholischen Aktion, Luitgard Derschmidt, die sagte: „Wo Recht zu Unrecht wird, wird Widerstand zur Pflicht!“ – Ich glaube, es ist Ihnen höchst unange­nehm, dass es in Oberösterreich nicht Ute Bock war, die Arigona versteckt hat, son­dern dass es ein kirchlicher Mann war, dass es ein Pfarrer war. (Abg. Strache: Ihr re­giert ja dort mit der ÖVP! Tretet ihr jetzt aus der Koalition aus? – Abg. Dr. Graf: Warum hat der Anschober nichts unternommen?)

Ich denke, das beschreibt genau Ihr Dilemma, Herr Klubobmann Schüssel. Es ist für Sie überhaupt keine Überlegung wert, ob es auch eine gesellschaftliche Verantwor­tung – nämlich von unserer Gesellschaft! – für acht- und neunjährige Kinder gibt, die sechs Jahre ihres Lebens hier verbracht haben. Es gibt eine gesellschaftliche Verant­wortung für diese Kinder, gerade für Christen! Deswegen hat sie auch ein Pfarrer un­terstützt.

Ich frage Sie, Herr Innenminister, noch einmal: Was wäre gewesen, wäre es Ute Bock gewesen, die Arigona versteckt hat? Würden Sie dann auch sagen, § 115 Fremdenpo­lizeigesetz gilt nicht? Das ist ein Offizialdelikt! Sie haben diesen Pfarrer genauso zu be­strafen, wie Sie Ute Bock bestraft hätten. Wie steht es denn jetzt mit Ihrer christlichen Einstellung? Was ist denn tatsächlich dieses Fremdenpolizeigesetz wert, wenn Sie es so anlassbezogen – und im Übrigen auch nicht gesetzeskonform – jetzt auf einmal auslegen?

Das beschreibt genau Ihr Dilemma, nämlich eine christliche Orientierung vorzuschüt­zen, im Einzelfall aber extrem hartherzig, unchristlich vorzugehen und dann plötzlich vor dem Problem zu stehen, dass die Katholische Kirche und wesentliche Teile der Ka­tholischen Kirche in Österreich – Geistliche und viele Menschen, die christlich orientiert sind – genau diese Politik zu 100 Prozent ablehnen und sich christlich verhalten – und nicht so wie der Innenminister. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Strache: Es gibt leider auch genügend Christen, die ...!)

Noch einmal zurück zu den Zahlen: Sie haben auch davon gesprochen, dass die Zahl derer, denen humanitärer Aufenthalt gewährt wurde, größer geworden ist. Diese Zah­len kann ich nur in die Esoterik verweisen, diese 800 Fälle von diesem Jahr. Ich be­ziehe mich auf die offizielle Statistik des Bundesministeriums für Inneres: Es waren im Jahr 2003 1 575 Fälle, es waren im Jahr 2006 206 Fälle, und es sind heuer ungefähr 250 Fälle. Die Zahl 800 ist entweder frei erfunden, oder Sie rechnen die Verlängerun­gen mit hinein. Bleiben wir bitte am Boden der Statistik des Innenministeriums! (Präsi­dentin Mag. Prammer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Jetzt zur SPÖ: Geschätzter Herr Klubobmann Cap, Sie versuchen irgendwie eine Grat­wanderung, indem Sie einerseits nicht einmal eine kleine Einfallstür für die FPÖ und das BZÖ offen lassen – Kriminelle lehnen wir ab und so weiter, das waren Ihren ersten Sätze. Menschlichkeit kam erst danach!

Sie sagen jetzt, nach zweieinhalb Jahren: Unsere Bedingung für die Zustimmung zu diesem Fremdenrechtspaket ... – Übrigens hat Norbert Darabos damals gesagt: „Wir verabschieden hier gemeinsam ein Paket, das einen humanen und fairen Umgang mit Asylwerbern vorsieht.“ – Damals gab es Dutzende kritische Stimmen von Juristen/Ju­ristinnen, von den NGOs, die sagten, das werde Härtefälle am laufenden Band produ-


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