Das ist ein guter Indikator, wenn es eine Nettozuwanderung in Österreich gibt, denn es ist ja eine gewisse Aussage über die relative Wirtschaftslage hier. Wir können uns ja nicht im Ernst zum Ziel setzen, die Wirtschaftslage, die Konjunkturlage in Österreich zu ruinieren, damit wir aus Österreich eine Nettoabwanderung hätten. Das wäre ja geradezu ein perverses politisches Ergebnis der Migrationsdebatte.
Und last, not least, meine Damen und Herren: Spätestens 2011 wird innerhalb der Europäischen Union der 27 Mitgliedstaaten vollkommene Freizügigkeit herrschen. Und wir sollten davor nicht den Kopf in den Sand stecken, sondern uns darauf vorbereiten! Das ist ein Arbeitsmarkt von rund 500 Millionen Menschen, der im Prinzip frei ist – frei, sich einen Arbeitsplatz zu suchen und sich dort anzusiedeln, wo man es eben für richtig hält. – Das ist nicht steuerbar von Österreich aus.
Was begrenzt steuerbar ist, ist die Einwanderung aus Drittstaaten, aus EU-Nichtmitgliedern. Und da merken wir schmerzlich Jahr für Jahr – und ich glaube, dass ich da zumindest mit dem Wirtschaftsbund, dem Wirtschaftsflügel der ÖVP einer Meinung bin –, dass Österreich kein Einwanderungskonzept für die Einwanderung aus Drittstaaten hat. – Ich spreche von der klassischen wirtschaftlichen Migration, nicht vom Asylverfahren, nicht von der Familienzusammenführung, sondern von der klassischen wirtschaftlichen Migration: kein Konzept.
Warum schauen wir uns nicht jene Länder genauer an, die über solche Konzepte verfügen – vor allem natürlich das international bekannte, über das Internet abrufbare Modell, das kanadische Modell –, die bestimmte Vorstellungen über erwünschte Zuwanderung haben, was Qualifikationen betrifft, Sprachkenntnisse betrifft, Ausbildung, Berufserfahrung und so weiter? Jeder potenziell Migrationswillige kann das abfragen. In Österreich sind wir davon weit entfernt.
Seit der Beschlussfassung über das Fremdenrechtspaket per 1. Jänner 2006 haben wir in Österreich die Tendenz, Ausländer im Zusammenhang mit Kriminalität zu sehen – als ob nicht Migration etwas vollkommen Normales wäre! Das ist auf die Dauer eine gefährliche Geisteshaltung! Es ruiniert erstens den Ruf Österreichs als Zuwanderungsland: Zuwanderer, die wir dringend brauchen werden, wenn die demographische Entwicklung so weitergeht wie bisher (Zwischenrufe bei der FPÖ), und Zuwanderung, die aus österreichischer Sicht, soweit sie die EU betrifft, gar nicht steuerbar ist und auch gar nicht steuerbar sein soll.
Zu diesem Fremdenrechtspaket gab es einen prominenten Gast in der Fernseh-„Pressestunde“ vergangenen Sonntag: Univ.-Prof. Karl Korinek, den Präsidenten des Verfassungsgerichtshofes. (Zwischenruf des Abg. Ing. Westenthaler.) Ich lese Ihnen das vor; auch der Text ist über das Internet abrufbar, Herr Westenthaler! Professor Korinek ist ungewohnt heftig in diesem Zusammenhang, was das Fremdenrecht betrifft. (Abg. Strache: Der sieht ja auch keine Neutralität mehr gegeben!)
„Der Gesetzgeber soll jetzt endlich einmal etwas tun“, sagt Dr. Korinek. „Da passt alles hinten und vorne nicht.“ – Das sind wörtliche Zitate.
Dr. Korinek sagt weiter: Wir – der Verfassungsgerichtshof – heben Teile auf, andere Teile prüfen wir, weil wir Bedenken haben, dass sie verfassungswidrig sind. Bei anderen Teilen ist es unklar, was sie bedeuten sollen. – Gesetze, von denen unklar ist, was sie denn bedeuten sollen!
Und weiter: Wir müssen das Bleiberecht konkretisieren durch die Zusammenstellung der Kriterien. In anderen Fällen kommt es dazu, dass eine achtzigjährige behinderte Türkin abgeschoben werden soll oder, wie vor einigen Wochen, ein sechs Monate altes Kind ausgewiesen wird, obwohl die Mutter derzeit rechtmäßig in Österreich ist.
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