Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll40. Sitzung / Seite 81

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ken-, keine Religionsfreiheit, keine sozialen Grundrechte auf dem Gebiet der Europäi­schen Union, um Sozialdumping künftig auch hintanzuhalten!

Sagen Sie auch deutlich dazu, dass Sie keine Stärkung der Bürger- und Bürgerinnen­rechte wollen, keine europäische Bürgerinitiative, womit man etwa auch endlich den Missstand der grausamen Tiertransporte quer über unseren Kontinent thematisieren könnte! Das wäre nämlich das Erste, das ich in Angriff nehmen würde, wenn es dieses Institut des europäischen Volksbegehrens gäbe, denn auch dieses Problem kann nur europaweit gelöst werden; genauso wie der Klimaschutz, die grenzüberschreitende Kri­minalität und natürlich die Auswirkungen der Globalisierung der Wirtschaft. Gerade da­für brauchen wir einen wirksamen Rahmen, damit die Interessen der Menschen nicht unter die Räder kommen, nämlich jener Menschen, die nichts haben als ihre Arbeits­kraft. Aber anscheinend wollen Sie ja genau das, denn wir wissen, dass gerade extre­me Rechtsparteien darin den Nährboden für ihre abscheulichen Botschaften sehen.

Sie schüren gezielt das Schreckgespenst, dass die Souveränität Österreichs mit dem Reformvertrag verloren geht. Von Tatsachen, die das Gegenteil beweisen, lassen Sie sich kaum beeindrucken. Sie ignorieren, dass die Rechte der nationalen Parlamente gestärkt werden. Bei Verletzung des Subsidiaritätsprinzips kann künftig die gelbe Karte gezeigt werden, und Gesetzesvorschläge gehen dann wieder zurück zur Kommission. (Abg. Strache: Aber es gibt keine rote Karte mehr, das ist genau der Punkt!) Die Parla­mente werden früher und umfassender über Vorhaben informiert und können dann ih­rerseits Schritte setzen, wie etwa den Regierungsmitgliedern verbindliche Handlungs­aufträge mitgeben. Das heißt, wir Abgeordnete, meine sehr geehrten Damen und Her­ren, sind künftig stärker gefordert, an europäischen Entwicklungen mitzuwirken. Die Hausaufgaben werden mehr – damit aber auch die Gestaltungsmöglichkeiten und die Verantwortung. Ich hoffe, niemand von Ihnen scheut diese Mehrarbeit.

Es wird im Vertrag ein für alle Mal auch klargestellt, dass die Daseinsvorsorge, sprich Wasserversorgung, Gesundheitsleistungen et cetera, Aufgabe der Mitgliedstaaten ist. Deshalb: Hören Sie bitte endlich auf mit Ihrem Märchen vom bevorstehenden Ausver­kauf! (Zwischenruf des Abg. Kickl.)

Eines muss auch noch betont werden, Herr Kollege Kickl – man sieht Sie kaum hinter Ihrem Schutzschild, das Sie da aufgebaut haben (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Neugebauer–, nämlich dass wir uns ja gegenwärtig nicht in vertragslosem Zustand befinden. Wir haben einen Vertrag, nämlich den Vertrag von Nizza, aber dieser Vertrag ist einfach nicht mehr ausreichend für 27 Mitgliedstaaten und gewährt eben nicht so umfassende und weitreichende Bürgerrechte und Rechte der Nationalstaaten. (Abg. Strache: Das ist absurd! Völlig absurd!) Es geht also um die Frage: Arbeiten wir mit einem schlechten Vertrag weiter, der zuweilen sicher berechtigte Kritik an der Politik der EU hervorruft, oder schaffen wir uns mit einem reformierten Vertrag Instrumente, die die Erwartungen der Menschen an die EU auch erfüllen können?

Zum hundertsten Mal: Die Neutralität wird nicht berührt! Im Beistandsfall bleibt es Ös­terreich vorbehalten, über Art und Umfang der Hilfeleistungen zu entscheiden. (Zwi­schenruf des Abg. Lutz Weinzinger.) Es gibt – nehmen Sie das bitte endlich zur Kennt­nis! – keine Pflicht zur Teilnahme an militärischen Aktionen.

Zum Schluss sage ich Ihnen, was ich will: Ich will nicht nur ein neutrales Österreich, sondern ich will ein neutrales Europa, das Frieden und Wohlstand sichert (Präsident Dr. Spindelegger gibt das Glockenzeichen) und nicht zwischen den sogenannten Su­permächten aufgerieben wird. Lernen wir bitte endlich aus den Erfahrungen unseres leidgeprüften Kontinents! – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

10.04

 


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