Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll40. Sitzung / Seite 87

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zieren, Herr Bundeskanzler! (Zwischenbemerkung von Bundeskanzler Dr. Gusenbau­er.) Aus meiner Sicht stimmt weder Ihre These und die der Euphoriker der Europäi­schen Union, dass sozusagen in der Europäischen Union alles gut ist und jeder, der Kritik übt, ein Anti-Europäer ist, noch stimmt die These der Gegner, die auch heute hier platziert worden ist, dass das der Hort des Bösen ist und die Europäische Union und Europa das Ende der Souveränität der nationalen Staaten bedeutet.

Letztlich ist die Europäische Union Realität. Damit müssen wir uns abfinden oder auch entsprechend beschäftigen. Es hat im Jahr 1994 eine Volksabstimmung gegeben, und mehr als 60 Prozent der Österreicher haben sich für diese Europäische Union ausge­sprochen. Ob jeder, der für die EU gestimmt hat, damals auch gewusst hat, welche Folgen das haben wird, sei einmal dahingestellt. Aber wir sind jetzt Mitglied der Euro­päischen Union. Und mir geht es jetzt darum, aus dieser Realität das Beste zu ma­chen.

Da sind zwei Punkte zu besprechen. Das eine ist natürlich die Entwicklung der Euro­päischen Union selbst, aber das Zweite ist auch, wie Österreich in der Europäischen Union vertreten wird. Das ist heute noch völlig zu kurz gekommen, Herr Bundeskanz­ler, und da wären Sie gefordert!

Was haben Sie denn aus den Verhandlungen zum Reformvertrag mitgebracht? Es wird immer kritisiert: Die Polen haben so hart verhandelt, und die Briten führen ihre eigenen Dinge. Wieso soll man das kritisieren? Es ist doch eine Selbstverständlichkeit – bei al­ler Notwendigkeit, ein gemeinsames Europa weiterzuentwickeln –, dass trotzdem die eigenen Interessen der Bevölkerung mit verhandelt und mit berücksichtigt werden.

Herr Bundeskanzler, da hätte es eine ganze Reihe von Maßnahmen gegeben, die Sie dort hätten vertreten können. Das betrifft zum Beispiel die Problematik der Universitä­ten, wo die Europäische Union in völliger Verkennung der Realität die Problematiken von Deutschland mit 80 Millionen Einwohnern auf Österreich überstülpen möchte. Eine Auszeit von fünf Jahren ist hier zu wenig.

Wie sieht es aus mit der Garantie für Infrastrukturprojekte, die, wie ich höre, gefährdet sind? Oder wie sieht es aus mit einer Reduzierung unserer EU-Beiträge? Das wäre eine Aufgabe der österreichischen Außenpolitik und auch von Ihnen gewesen, wenn Sie schon diesem Reformvertrag zustimmen, dann doch auch für Österreich einige Vorteile mit nach Hause zu bringen. (Beifall beim BZÖ.)

Wenn wir über den Reformvertrag diskutieren, dann gibt es keinen Zweifel: Es ist eine Verbesserung gegenüber der jetzigen Situation, dem Vertrag von Nizza, aber eine Ver­schlechterung gegenüber den ursprünglichen Projekten. Vieles, was wir an der Euro­päischen Union kritisieren, hätte der Verfassungsvertrag doch zumindest in einigen Teilbereichen verbessert.

Gerade die Kritiker – auch die FPÖ – verlangen doch etwa den Kampf in der Globali­sierung: ein starkes Europa gegen Asien, auch gegen die Vereinigten Staaten. Das kann aber kein Staat allein, auch die viel gelobte Schweiz nicht. (Abg. Strache: Des­halb hat sie bilaterale Abkommen, die Schweiz!) – Ja, bilaterale Abkommen. Aber wenn man die Schweiz als Vorbild nimmt, dann muss man das gesamte System der Schweiz hernehmen. Ich weiß nicht, ob Sie den Österreichern zumuten wollen, dass sie bis zum Alter von 67 und 70 Jahren arbeiten. (Abg. Strache: Direkte Demokratie halte ich für sehr gescheit!) Dort sind multinationale Konzerne, da sind Sie auch immer so dagegen! (Abg. Strache: Direkte Demokratie ist sehr vernünftig in der Schweiz!) Herr Strache, wenn Sie hier schon Sand in die Augen der Bevölkerung streuen: Sie sind jetzt für die Volksabstimmung. Ja, wunderbar! Sind wir auch! Nur, ich habe es Ih­nen das letzte Mal schon gesagt ... (Abg. Strache: Warum habt ihr dagegen ge­stimmt?)

 


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