Gut getarnt hinter diesen durchaus positiven Punkten – gut getarnt leider auch für die Öffentlichkeit – beschließen Sie heute nämlich eine Gesetzesänderung, die eine erniedrigende Zumutung für Arbeitsuchende und künftige Arbeitsuchende ist.
Jeder kann heute ziemlich schnell in die Situation kommen – ein flexibler Arbeitsmarkt ist der Grund dafür –, den Versicherungsanspruch aus der Arbeitslosenversicherung geltend machen zu müssen. 546 Tage dauert heute durchschnittlich ein Arbeitsverhältnis; das sind nicht einmal eineinhalb Jahre. Genau deshalb ist es so wichtig, für Übergangsphasen zwischen zwei Jobs versichert zu sein, denn die Leistungen des AMS, und zwar sowohl die finanziellen als auch die Beratung, die Betreuung eventuell auch die Weiterbildung, sind eine Versicherungsleistung, die aufgrund von regelmäßig geleisteten Beiträgen erworben wird.
Aber, meine Damen und Herren von der Regierung, was machen Sie daraus? – Sie verändern einseitig wieder diesen Versicherungsvertrag und wandeln ihn sukzessive in ein Knebelungspaket für Arbeitsuchende. Und das ist völlig inakzeptabel! (Beifall bei den Grünen.)
Ich bringe deshalb gemeinsam mit meinem Kollegen Öllinger einen sehr umfassenden Abänderungsantrag ein, der Ihnen wegen seines Umfanges in schriftlicher Form verteilt wird. Ich möchte nun im Zuge meiner weiteren Ausführungen den Inhalt dieses Antrages in groben Zügen erläutern.
Punkt eins: Sie verschärfen die Zumutbarkeitsbestimmungen wieder und weiter. Es geht um die Einführung einer Mindestarbeitszeit von 20 Stunden; 16 Stunden für Eltern mit Betreuungspflichten für Kinder, die unter zehn Jahre alt sind. Aber was heißt das konkret? – Das heißt konkret: Die Mutter eine elfjährigen Tochter, die nicht ein entsprechendes Betreuungsangebot hat, auch keine emsige Oma, und trotzdem nicht 20 Stunden arbeiten kann, verliert ihr Arbeitslosengeld.
Ach ja, ich habe ja noch vergessen: Sie finden ja auch, dass es ab jetzt zumutbar sein muss, für einen Teilzeitjob 1,5 Stunden täglich zu pendeln. Das heißt, zu den 20 Stunden kommt noch die Pendelzeit dazu. Also haben wir 26 Stunden, die diese Frau dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen muss.
Sieht so für Sie die Vereinbarkeit von Beruf und Familie aus? – Für uns ist das inakzeptabel!
Ich möchte Ihnen nicht vorenthalten, was Frau Staatssekretärin Marek im Ausschuss zu dieser Kritik erklärt hat. Sie meinte, da gebe es sicher Kulanzlösungen. – Ich nehme an, Sie hat das gut gemeint. Ich glaube ihr, dass Sie das gut gemeint hat.
Aber so etwas kann doch nicht sein! Es kann doch nicht sein, dass wir Gesetze beschließen, bei deren Umsetzung selbst Regierungsmitglieder Kulanz einfordern! Arbeitsuchende können genau wie jeder andere Mensch in Österreich Rechtsicherheit beanspruchen. Wir müssen sinnvolle und dem Leben nahe Gesetze hier machen und sollen nicht über Kulanzwege dann irgendwie an einem Murks herumdoktern. Deshalb fordert unser Antrag die Beibehaltung von 15 Stunden Mindestarbeitszeit.
Punkt zwei: Datenerfassung durch das AMS und der Umgang mit diesen Daten. – Wie Sie wissen, nein, wissen Sie? Ich nehme an, Sie wissen es nicht! Wissen Sie, was da alles registriert werden soll? Ich gebe Ihnen nur ein paar, und zwar konkret vier Beispiele: gesundheitliche Einschränkungen der Arbeitssuchenden und ihrer Angehörigen (einschließlich Lebensgefährten) – das wird registriert –; Umstände der Auflösung von Arbeitsverhältnissen – also die Frage, ob einer, wenn er zu „goschert“ war, gekündigt worden ist; Sanktionen wegen Fehlverhaltens; Betroffenheit von Streik und Aussperrung.
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