Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 71

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Diese Änderung der österreichischen Bundesverfassung korrespondiert mit dem im sogenannten „EU-Reformvertrag“ vorgesehenen „vereinfachten Änderungsverfahren“ nach Art. 33 Abs. 6 des Vertrages über die Europäische Union (EUV).

Das „vereinfachte Änderungsverfahren“ wiederum kritisiert der Experte für öffentliches Recht, Prof. Karl Albrecht Schachtschneider, in seiner von der FPÖ in Auftrag gege­benen Expertise über die Notwendigkeit einer Volksabstimmung über den „EU-Reformvertrag“ auf das Schärfste wie folgt:

„Die Einrichtung des „vereinfachten Änderungsverfahrens“ durch Art. 33 Abs. 6 EUV ist eine ‚Gesamtänderung der Bundesverfassung‘ im Sinne des Art. 44 Abs. 3 B-VG, die „einer Abstimmung des gesamten Bundesvolkes zu unterziehen“ ist. Nach Art. 33 Abs. 6 EUV kann der Europäische Rat durch Beschluß nach Anhörung des Euro­päischen Parlamentes und der Kommission sowie, bei institutionellen Änderungen im Währungsbereich der Europäischen Zentralbank, auf Initiative der Regierung jedes Mitgliedstaates, des Europäischen Parlaments und der Kommission einstimmig „die Änderung aller oder eines Teils der Bestimmungen des Dritten Teiles des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union“ beschließen. Dieser Dritte Teil umfaßt alle wichtigen Politiken der Union außer der Außen- und Sicherheitspolitik. Der Be­schluß tritt zwar nach Unterabs. 2 S. 3 des Art. 33 Abs. 6 EUV ‚erst nach Zustimmung der Mitgliedstaaten im Einklang mit ihren jeweiligen verfassungsrecht­lichen Vorschrif­ten in Kraft‘, aber der Beschluß ist kein ‚politischer Staatsvertrag‘ im Sinne des Art. 50 B-VG [Anm.: Nach dessen derzeitiger Fassung, in seiner zukünftigen – wie oben dargelegt – ebenso wenig], welcher der Zustimmung des Nationalrates und gege­benen­falls des Bundesrates und der Ratifikation durch den Bundespräsidenten (Art. 65 Abs. 1 B-VG) bedarf. Die Gesetzgebungsorgane Österreichs müssen somit an dem Verfahren nicht beteiligt werden. An diesen Änderungen wirkt für Österreich, wie dargelegt, maßgeblich nur der Bundeskanzler mit, weil der Europäische Rat einstimmig entscheiden muß. Das vereinfachte Änderungsverfahren ist der Sache nach eine Diktaturverfassung, die kaum noch einen demokratischen Rest aufweist.“

Darüber hinaus würden durch ein Inkrafttreten des „EU-Reformvertrags“ grundlegende Bausteine unserer Bundes-Verfassung laut Schachtschneider geändert: So etwa durch eine Generalermächtigung zu Mittelbeschaffung nach Art. 269 Abs. 1 im Vertrag über die Arbeitsweise der Union (VAU), durch die „Flexibilitätsklausel“ des Art. 308 Abs. 1 VAU, durch die bundesstaatliche Zuständigkeit der Union, durch den Vorrang des Unionsrechts aufgrund einer Erklärung der Regierungskonferenz und nicht zuletzt durch die De-Facto-Abschaffung der „immerwährenden Neutralität“ Österreichs.

Am 13. Dezember 2007 soll im Rahmen des Europäischen Rates in Lissabon dieser „EU-Reformvertrag“ von den Regierungschefs der EU-Mitgliedsstaaten feierlich unter­zeichnet werden, um danach in den einzelnen Mitgliedsstaaten auf nationaler Ebene ratifiziert zu werden.

Aufgrund der genannten Gefahren stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der österreichische Bundeskanzler wird aufgefordert, die für den 13. Dezember 2007 in Lissabon geplante Unterzeichnung des Vertrages zur Änderung des Vertrages über die Europäische Union und des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemein-


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